Ein wesentlicher Beitrag zur psychischen Gesundheit

Mit der noch jungen Abteilung für Klinische Psychologie und Psychotherapie des Kindes- und Jugendalters ist die Universität Trier einer der wenigen Standorte, die psychische Störungen in dieser Altersspanne spezifisch erforschen und behandeln.

Praxisbezug, regionale Vernetzung, Relevanz für die Gesellschaft – kaum ein wissenschaftlicher Bereich an der Universität Trier füllt diese Begriffe mit so viel Inhalt wie die Klinische Psychologie und Psychotherapie. Bereits seit zehn Jahren ist die entsprechend Abteilung für das Erwachsenenalter unter Leitung von Professor Wolfgang Lutz eine bestens anerkannte, international vernetzte und praxisbezogen arbeitende Einrichtung. Nach einer mehrjährigen Aufbauphase hat sich nun mit der Abteilung für Klinische Psychologie und Psychotherapie des Kindes- und Jugendalters unter der Leitung von Professorin Tanja Hechler eine weitere Institution etabliert. Damit kann an der Universität nunmehr klinisch-psychologische Forschung betrieben und ein psychotherapeutisches Angebot für die gesamte Lebensspanne unterbreitet werden.

Zur Charakteristik dieser beiden Abteilungen gehört, dass sie über die universitären Kernaufträge Forschung und Lehre hinaus eine Reihe weiterer Missionen verfolgen, die stark in die Bevölkerung und in die Gesellschaft hineinstrahlen. Die Abteilung für Klinische Psychologie und Psychotherapie des Kindes- und Jugendalters engagiert sich über die Forschung und Lehre hinaus in der Weiterbildung von Kinder- und Jugendlichen-Psychotherapeuten, der Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses, dem Wissenstransfer, der Vernetzung mit Institutionen in der Praxis sowie der Behandlung von psychischen Störungen im Kindes- und Jugendalter. Letztlich sind alle Tätigkeitsbereiche auf ein Ziel ausgerichtet: einen wesentlichen Beitrag zur psychischen Gesundheit von Kindern und Jugendlichen in der Gesellschaft zu leisten.

Aber braucht es überhaupt ein spezifisch auf Kinder und Heranwachsende ausgerichtete Psychotherapie? Spielt das Alter von Störungen betroffener Menschen eine Rolle? „Unbedingt“, sagt Professorin Tanja Hechler. „75 Prozent der psychischen Störungen beginnen im Kindes- oder Jugendalter. Es ist also enorm wichtig, darauf spezifisch und frühzeitig einzugehen, um eine Verschlechterung des Zustands im weiteren Lebensverlauf zu verhindern.“

Selbst die vergleichsweise kurze Lebensspanne des Kindes- und Jugendalters von 6 bis 16 Jahren sei sehr heterogen. „Es macht einen großen Unterschied, ob ein Sechs- oder ein 16-Jähriger zu behandeln ist. Bei Kindern sind die Eltern die wichtigsten Ansprechpartner und müssen einbezogen werden. Für Jugendliche sind sie oftmals weniger relevant, stattdessen eher andere Bezugspersonen wie Freunde“, macht Tanja Hechler Unterschiede deutlich.  

Nicht zuletzt sind es die Lebensumstände, die eine Psychotherapie für Heranwachsende oder Erwachsene unterscheidet. „Im Kindes- und Jugendalter hat man es mit viel mehr Playern im Umfeld zu tun – Eltern, Erzieher, Lehrer, Jugendämter – die in der Therapie berücksichtigt werden sollten. Eltern insbesondere dann, wenn sie selbst an psychischen Störungen leiden, denn in dieser Konstellation sind deren Kinder Hochrisiko-Patienten“, so Tanja Hechler.

Die fünf Tätigkeitsbereich der Abteilung für Klinische Psychologie und Psychotheraphie des Kindes-
und Jugendalters.

TRANSFER | WISSENSCHAFTSKOMMUNIKATION

Den Transfer von Forschung und die Kommunikation von wissenschaftlich fundierten Erkenntnissen leistet die Abteilung für Klinische Psychologie und Psychotherapie des Kinder- und Jugendalters beispielsweise in Kooperationen mit Einrichtungen und Initiativen in der Region. Mit Kindertagesstätten in der Region wird zeitnah ein gegenseitiger Austausch gepflegt werden, indem einerseits Wissen und Erkenntnisse beispielsweise zu psychischer Gesundheit und Entwicklung den kooperierenden Kindertagesstätten zugänglich gemacht werden und andererseits ein Austausch über Erfahrungen aus der Kinderbetreuung erfolgen wird.

Im Rahmen der Psychotherapeuten-Weiterbildung unterhält die Abteilung Kooperationen zu 19 Einrichtungen, in denen die Teilnehmer den ersten Praxisblock, die Praktische Tätigkeit, ihrer Weiterbildung absolvieren. In den Transfer einbezogen sind aber auch spezifische Störungen wie Psychotraumata oder Essstörungen. Für diese Bereiche arbeitet Mitarbeiterin Dr. Karoline Weiland-Heil in regionalen Netzwerke mit. Künftig will man den Wirkungskreis auf die Zusammenarbeit u.a. mit Schulen ausdehnen.

LEHRE | STUDIUM

Die thematische Schwerpunktsetzung der Abteilung erweitert auch das Angebot in der Lehre und Ausbildung für die Studierenden der Universität. Tanja Hechler ist es ein wichtiges Anliegen, Forschung und Lehre eng miteinander zu verbinden. „Diese Verknüpfung wird von den Studierenden sehr gut angenommen“, hat sie festgestellt. Im Studienverlauf können Psychologie-Studierende im Bachelor-Studiengang eine überblickartige Einführung in die Thematik wahrnehmen und sich im Master-Studium tiefer in die Psychologie und Psychotherapie von Kindern und Jugendlichen einarbeiten, z.B. mit Veranstaltungen zur Psychoedukation von betroffenen Kindern und deren Bezugspersonen.

THERAPIE | AMBULANZ

Ohne für ihr Therapieangebot überhaupt geworben zu haben, liegen in der therapeutischen Ambulanz, die im Frühjahr dieses Jahres startete, bereits über 60 Anmeldungen zur Behandlung von Kindern oder Jugendlichen vor, sodass bereits eine Warteliste geführt werden muss, Tendenz steigend. Ein aussagekräftiger Beleg für die enorme Nachfrage nach psychotherapeutischer Behandlung, nicht nur in der Region. Auch bundesweit ist eine eklatante Unterversorgung an Psychotherapeuten für Kinder und Jugendliche festzustellen. „Gerade in diesem Bereich wächst die Zahl der Therapeuten bei weitem nicht mit dem Bedarf mit. Die Wartezeiten für Kinder und Jugendliche sind leider noch länger als die für Erwachsene“, schildert Tanja Hechler die Lage.

Zur Abteilung gehören eine Hochschulambulanz mit einem Schwerpunkt in der Behandlung von Kindern mit chronischen Schmerzen und emotionalen Störungen – passend zu den Forschungsschwerpunkten von Professorin Tanja Hechler – und eine Ausbildungsambulanz, zugehörig zum Weiterbildungsstudiengang. In der Ausbildungsambulanz werden grundsätzlich Kinder und Jugendliche mit einer großen Bandbreite an psychischen Störungen behandelt. Die Behandlungen werden durch approbierte Psychotherapeuten und von fortgeschrittenen Teilnehmern des Weiterbildungsstudienganges durchgeführt.

FORSCHUNG

Die zusätzliche Orientierung in der Klinischen Psychologie und Psychotherapie auf Kinder und Jugendliche hebt die Universität Trier in der deutschen Hochschullandschaft heraus, denn anders als im Erwachsenenbereich gibt es bisher nur wenige universitäre psychologische Institute, die auch zu dieser Altersgruppe forschen, lehren und ausbilden. Zudem setzt Professorin Tanja Hechler mit ihrem Forschungsschwerpunkt ein weiteres Alleinstellungsmerkmal. Sie untersucht das Phänomen der Komorbidität, wenn chronische Schmerzen und psychische Störungen zusammentreffen. Mit diesen Wechselwirkungen und Zusammenhängen hat sich Tanja Hechler auch schon im Deutschen Kinderschmerzzentrum beschäftigt, bevor sie 2015 an die Universität Trier kam. „Ich möchte die Ursachen und Mechanismen dieses Zusammenspiels nun tiefer ergründen und daraus Präventions- und Behandlungsmöglichkeiten der Komorbidität ableiten“, definiert sie ihr Forschungsziel. Chronische Schmerzen von Kindern werden zwar schon seit längerer Zeit vor allen Dingen in speziellen pädiatrischen Zentren behandelt, die Versorgung im Bereich der Psychotherapie von betroffenen Kindern ist jedoch mangelhaft, trotz der nachweislich hohen Komorbidität zwischen chronischen Schmerzen und psychischen Störungen.

WEITERBILDUNG

Seit 2018 besteht neben dem Weiterbildungsstudiengang für Psychotherapie des Erwachsenenalters nun auch der Weiterbildungsstudiengang Kinder- und Jugendlichenpsychotherapie der Universität Trier. Bis zu 18 Interessierte pro Jahr haben hier die Möglichkeit, sich zum Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten weiterzubilden zu lassen. Im Wintersemester 2019|20 hat bereits die zweite Kohorte dieses Weiterbildungsstudiengangs begonnen. Die meisten präferieren die Option eines fünfjährigen berufsbegleitenden Modells gegenüber einer dreijährigen Vollzeit-Ausbildung.

Mit den Änderungen der gesetzlichen Grundlagen der Aus- und Weiterbildung zum Psychotherapeuten wird sich das Studium der Psychologie an der Universität Trier grundlegend verändern, mit einem polyvalenten Bachelor, einem allgemeinen Master Psychologie und einem Master Psychologie: Klinische Psychologie und Psychotherapie (KLIPP). Die noch junge Abteilung gestaltet diesen Prozess im Fach Psychologie aktiv mit und auch die Strukturen des gerade erst frisch konzipierten und akkreditierten Weiterbildungsstudiengangs Kinder- und Jugendlichenpsychotherapie werden auf der Grundlage der entsprechenden Gesetzgebung mittelfristig angepasst werden. Erst einmal steht der Weiterbildungsstudiengang aber noch Teilnehmern offen, die einen Master- oder Diplom-Abschluss in Psychologie oder (Sozial)Pädagogik/Erziehungswissenschaften abgeschlossen haben.

Kontakt

Prof. Dr. Tanja Hechler
Klinische Psychologie und Psychotherapie des Kindes- und Jugendalters
Mail: hechleruni-trierde
Tel. +49 651 201-4350