Geheime Nachrichten: PNSIJWZSN

Hallo Kinder!
PNSIJWZSN

„Was ist denn das Komisches? Da hat sich ja wohl jemand vertippt! Oder ist das etwas eine Fremdsprache von der ich bisher noch nichts gehört habe? Klingt auf jeden Fall mal interessant!“ Das waren mein ersten Gedanken, als ich letzte Woche im Vorlesungsverzeichnis der Kinder-Uni geblättert habe und plötzlich diese mysteriösen Zeichen gefunden habe.

„Nix wie hin“, dachte ich mir, „was da genau dahinter steckt muss ich sofort heraus finden“. Schnell habe ich meine Kinder-Uni Tasche gepackt und mich auf die Socken zur Uni gemacht.

Da hat mich und meine Kommilitonen (das sind die Kinder, die mit mir an der Kinder-Uni studieren) auch schon der Herr Küsters erwartet. Der hat uns dann erzählt, dass das, was ich da gelesen habe, keineswegs ein Tippfehler war, sondern, dass das eine Geheimsprache ist. „Eine Geheimsprache? Wow, das klingt super!“ Klar, dass wir alle von dem Thema sofort begeistert waren, denn wer kann schon von sich behaupten einen Kurs gemacht zu haben, in dem man Geheimsprachen lernt.

Zuerst haben wir dann ein Wort gelernt, das sich fast genau so kompliziert anhört wie die Zeichen, wegen denen ich zur Uni gegangen bin. „Kryptologie! Das Wort habe ich ja noch nie gehört! Klingt ganz schön schwer!“ Aber das was dahinter steckt ist gar nicht schwer zu verstehen. Denn die Kryptologie ist eine Wissenschaft, die sich mit Geheimschriften beschäftigt. In der Kryptologie selbst gibt es nun noch mal zwei Bereiche: die Kryptographie und die Kryptoanalyse. Ihr könnt euch das ganze einfach als eine Familie vorstellen: die Kryptologie ist die Mutter und die  hat zwei Kinder, nämlich die Kryptographie und die Kryptoanalyse. In der Kryptographie denken sich die Leute Geheimschriften aus, die keiner lesen können soll. In der Kryptoanalyse sitzen Leute, die versuchen die Geheimschrift kaputt zu machen und sie so lesen zu können.

Nachdem wir die komplizierten Wörter erst einmal geklärt hatten, haben wir auch schon unsere erste Geheimschrift gelernt. Das war total spannend, kann ich euch sagen, und wir konnten alle gar nicht mehr genug davon kriegen!

Stellt euch einfach vor, ich möchte meinem Freund Bob in der Schule eine Geheime Nachricht schicken, die keiner lesen soll. Vor allem nicht unsere Lehrerin, denn sonst gibt es wieder eine Strafarbeit oder ich muss womöglich noch nachsitzen! Nun muss ich mir erst überlegen, was ich Bob denn überhaupt erzählen möchte und schreibe das erst einmal ganz normal auf. So, dass es jeder ohne Probleme lesen kann. Unsere Lehrerin natürlich auch. Stellt euch vor, ich möchte Bob sagen: „Ich gehe heute zur Kinder-Uni.“ Diesen ganz normalen Satz, den nennt man den „Klartext“.

Jetzt möchte ich natürlich meine Botschaft nicht einfach so durch die Reihen geben, sondern sie in eine Geheimsprache umschreiben. In der Kinder-Uni haben wir gelernt, dass man das „verschlüsseln“ oder „chiffrieren“ nennt. Schon wieder so komplizierte Wörter, aber wer ein richtiger Student sein will, der muss sich damit auskennen. Dazu brauchen wir das Alphabet:

A B C D E F G H I J K L M N O P Q R S T U V W X Y Z

Um jetzt daraus eine Geheimschrift entstehen zu lassen, schreiben wir ab dem Buchstaben F einfach das Alphabet von vorne wieder auf und fertig ist unsere Geheimschrift.

A B C D E F G H I   J K L M N O P Q R S T U V W X Y Z

F G H I  J  K L M N O P Q R S T U V W X Y Z A B C D E

Statt einem A schreibe ich jetzt also ein F, statt einem B ein G und immer so weiter. Die Nachricht, die ich so schnell wie möglich an Bob schicken möchte heißt dann in meiner Geheimschrift also so:

NHM LJMJ MJZYJ EZW PNSIJWZSN

Habt Ihr was bemerkt? Genau, das erste Rätsel haben wir jetzt schon geknackt. Schaut euch noch mal die Zeichen vom Anfang an, über die ich mich so gewundert habe. Die mysteriösen Zeichen, die ich vorher im Vorlesungsverzeichnis gesehen habe, sind gar nicht so mysteriös. Wenn ihr genau hinschaut, seht ihr es auch: PNSIJWZSN heißt einfach Kinder-Uni. Das ist ja echt total einfach, so eine Geheimsprache!

Bevor ich es vergesse: Bob habe ich die Geheimsprache natürlich auch gezeigt, sonst hätte er die Nachricht ja gar nicht verstehen können. In der Sprache der Kryptologen heißt das, was Bob jetzt machen muss um die Nachricht lesen zu können, „entschlüsseln“ oder „dechiffrieren.“

Wenn Ihr jetzt denkt, wir haben uns den ganzen Nachmittag nur mit Geheimschriften beschäftigt, dann habt Ihr euch getäuscht. Wir haben auch so komplizierte Dinge wie das RSA-Verfahren gelernt. Das läuft dann ab, wenn ich Bob jetzt nicht in der Schule eine Nachricht durch die Bänke schicken möchte, sondern mittags von meinem Computer zu Hause aus. Damit meine Nachricht auf dem Weg von meinem Computer zu seinem Computer nicht von jedem gelesen werden kann, sondern nur von Bob, gibt es auch hier eine Geheimsprache. Die ist allerdings ein bisschen schwieriger als die, die ich euch eben verraten habe.

Bei dieser Geheimsprache gibt es jetzt zwei Schlüssel: einen öffentlichen und einen privaten. Ihr könnt euch das so vorstellen, dass der öffentliche Schlüssel ein großes Schloss ist, das nicht so leicht geknackt werden kann, und der private Schlüssel der Schlüssel zu eben diesem Schloss, den es nur einmal auf der ganzen Welt gibt. Bob ist der einzige, der diesen privaten Schlüssel besitzt. Den öffentlichen Schlüssel besitze ich und den kann auch jeder andere von Bob bekommen. Jetzt stecke ich meine Nachricht „Ich gehe heute zur Kinderuni“ in eine Kiste und verschließe sie mit dem Schloss, also dem öffentlichen Schlüssel. Und stellt euch vor, sobald ich die Nachricht in die Kiste lege, werden die Buchstaben, die ich geschrieben habe in eine Zahl umgewandelt. Die Zahl ist riesig und hat fast 300 Stellen. So schnell wie möglich schicke ich die Kiste nun zu meinem Freund Bob. Nun kommt Bobs privater Schlüssel ins Spiel. Mit Hilfe seines Schlüssels kann er das Schloss öffnen und so die Zahlen jetzt wieder in Buchstaben umwandeln und meine Nachricht lesen. Er dechiffriert die Zahlen also! Bobs privater Schlüssel besteht aus zwei Primzahlen. Primzahlen sind  Zahlen, die nur durch eins und sich selbst teilbar sind. Steckt Bob seinen privaten Schlüssel in den öffentlichen Schlüssel und dreht seinen Schlüssel um, werden diese beiden Primzahlen miteinander multipliziert, also „mal genommen“ . Dadurch entsteht aus seinen beiden einzelnen Zahlen genau die lange Zahl seines öffentlichen Schlüssels und er kann meine Nachricht endlich in Empfang nehmen.

Puh, das war jetzt ganz schön anstrengend. So viele neue komplizierte Wörter. Aber die Mühe hat sich gelohnt. Denn ich habe mal wieder total viel gelernt und es war wie immer sehr spannend! Ich kann es kaum erwarten die Geheimschrift auszuprobieren und allen meinen Freunden versteckte Botschaften zu schreiben. Ich freue mich schon auf die nächste Kinder-Uni mit euch!

Eure Klara Schlaufuchs