Versicherungsbetrüger nach 2500 Jahren überführt

Althistoriker an der Universität Trier legt neue Beweise in einem Kriminalfall aus dem antiken Athen vor

Vor 2500 Jahren wurde im antiken Athen dem Angeklagten Lakritos vor Gericht vorgeworfen, sein Handelsschiff absichtlich versenkt zu haben. Für diesen Fall hatte er eine Versicherung abgeschlossen, die ihn davon befreite, einen Kredit zurückzahlen zu müssen. Die Beweisaufnahme ist längst abgeschlossen, aber jetzt belegen neue Forschungsergebnisse des Fachs Alte Geschichte der Universität Trier das Tatmotiv: Die Handelsfahrt des Lakritos war gründlich schiefgegangen und dem Händler drohte die Pleite. Im betrügerischen Schiffbruch sah Lakritos den einzigen Ausweg.

In einer Dissertation hatte Pascal Warnking 2015 eine Methode vorgestellt, um die Profitabilität römischer Handelsreisen über das Mittelmeer zu bestimmen. Diese Methode hat Warnking auch auf den griechischen Seehandel übertragen. In einem jetzt veröffentlichten Fachaufsatz in den „Marburger Beiträgen zur Antiken Handels-, Wirtschafts- und Sozialgeschichte“ bestimmt er am Beispiel des Prozesses gegen Lakritos die Profitabilität der Handelsreise genau genug, um den vermutlichen Tathergang des Versicherungsbetrugs im klassischen Athen offenzulegen: Lakritos nahm einen Kredit auf, der bei Schiffbruch nicht zurückgezahlt werden musste. Ihm gelang es aber nicht, das Handelsschiff auszulasten, wodurch bei der Handelsfahrt ein Verlust drohte. Er unternahm den verzweifelten Versuch, entgegen des ursprünglichen Plans, die Ware nicht in Athen, sondern in Kleinasien zu verkaufen. So viel ist aus den Prozessakten bekannt. Warnkings Modell zeigt in Verbindung mit einer Neuauswertung antiker Quellen zu den Preisen, was dahintersteckte: Mit einer höheren Marge wollte er die zu geringe Auslastung kompensieren. Der Versuch schlug jedoch fehl. Den Kredit konnte er nicht zurückzahlen und versenkte daher lieber das Schiff.

Das Ergebnis hat übergreifende Bedeutung, weil damit erneut der Wert des Forschungsansatzes gezeigt wird, der auch bei weiteren Projekten an der Universität Trier eingesetzt wird. Unter dem Dach von TRANSMARE (Trierer Institut zur Erforschung des Transfers von Menschen, Gütern und Ideen von der Antike bis zur Gegenwart) werden maritime Forschungen der historischen Fächer, der Altphilologie und der Kunstgeschichte gebündelt. Die Universität Trier nimmt hier weltweit eine herausragende Rolle ein. So fördert beispielsweise die Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) derzeit den Nachbau eines römischen Handelsschiffes auf dem Campus der Universität.

Kontakt:
Dr. Pascal Warnking
Universität Trier/Alte Geschichte
Tel. 0651/49368975
E-Mail: <link>warnking@uni-trier.de