Geübt - und viel gewonnen

Die Trierer Beratungssimulation (TRIBS) bildet mit geschulten Schauspielerinnen und Schauspielern sozialpädagogische Beratungsprozesse nach. Warum das TRIBS-Labor für Forschung und Lehre an der Universität Trier mehr als reine Simulation bietet.

Prof. Dr. Marc Weinhardt, der an der Universität Trier lehrt und forscht, beschäftigt sich bereits seit 15 Jahren mit der Frage, wie Universitäten angehenden Sozialpädagoginnen und -pädagogen Wissen vermitteln. „In der Sozialpädagogik gibt es ein ausreichendes Theorieangebot, um Beratungssituationen zu gestalten. In meiner Forschung zu Professionalität und Professionalisierung des Berufsbilds untersuche ich deshalb, wie man dieses theoretische Wissen vermittelt und Studierende dazu befähigt, es in die sozialpädagogische Praxis zu übersetzen.“

Beratungslabor
Das Beratungslabor.

Das theoretische Wissen in konkrete Handlungssituationen zu übertragen, ist etwa im Psychologie- oder Medizinstudium seit vielen Jahren im Curriculum integriert. Beratungswissen sei im bundesweiten Querschnitt der Sozialpädagogik-Studiengänge noch sehr selten, so Weinhardt. So ist das TRIBS-Labor eines der wenigen Beratungslabore in Deutschland, in dem Erziehungswissenschaftsstudierende auf die Praxis vorbereitet werden. Die Aufgaben für Absolventinnen und Absolventen des Studiengangs Sozial- und Organisationspädagogik sind vielfältig. Von der Begleitung von Kindern und Jugendlichen, etwa in Heimen oder Familienberatungen bis hin zur Behindertenhilfe oder der Sozialen Arbeit in Pflegeeinrichtungen. „In allen Berufsfeldern treffen Sozialpädagoginnen und Sozialpädagogen auf individuelle Lebensumstände, auf ganz unterschiedliche Lebenswelten. Sie müssen üben, nicht vom eigenen biografischen Wissen auszugehen, sondern auf wissenschaftlicher Basis professionell zu beraten“, erklärt Weinhardt die Herausforderung.

Das TRIBS-Labor bietet optimale Voraussetzungen, um in den zentralen theoretischen Lernbereichen praktische Erfahrungen zu sammeln. Nach Corona konnte das TRIBIS-Labor erst richtig durchstarten, als die Protagonistinnen und Protagonisten, nämlich diejenigen, die die Beratung erhalten, gewonnen werden konnten. Ein Ensemble aus ehrenamtlichen Schauspielerinnen und Schauspielern im Alter von acht bis 70 Jahren verkörpert Biografien, die von prototypischen, echten Fällen aus der sozialpädagogischen Praxis abgeleitet sind. Darunter sind auch vier Kinder-Schauspielerinnen und -Schauspieler im Alter von acht bis 14 Jahren. Mit den Kindern und dem weiteren Ensemble aus begeben sich die Studierenden in simulierte Beratungsgespräche, die in Videoform aufgezeichnet werden. Besonders wichtig war es Weinhardts Team, dass Beratungssituationen mit Kindern und Jugendlichen geübt werden können. Dass nicht nur mit Erwachsenen über Kinder gesprochen wird, sondern auch Kinder selbst als Adressatinnen und Adressaten von Beratung Gehör finden, ist in den Sozialen Diensten noch keine Selbstverständlichkeit.

Die Beratungen finden in einem realitätsnahen Raum an der Universität Trier statt. Die „Beratungsstelle Sorgstadt“ ist seit dem Wintersemester 2023/24 im Gebäude DM eingerichtet. Der Raum ist Einrichtungen, wie man sie auch in der Sozialen Arbeit von Kommunen oder freien Trägern vorfindet, nachempfunden. Hier erzählen die Adressatinnen und Adressaten der Beratung von Problemen wie etwa von Armut, sozialer Ausgrenzung in der Schule, von der Trennung der Eltern, von Problemen in der Partnerschaft bis hin zu Suchterkrankungen.

TRIBS Ablauf Grafik

„Das TRIBS-Labor kann Studierenden so helfen, eine Idee der Lebenswirklichkeit ihres Gegenübers zu bekommen, sie auf die Individualität jeder Beratung vorzubereiten und sie darin zu bestärken, ihr eigenes Berufsbild zu festigen“, erklärt der Professor für Sozialpädagogik. Die Aufzeichnung der 45-minütigen simulierten Beratungsgespräche besprechen die Studierenden mit dem Team des TRIBS-Labors nach. Diese Videographien sind besonders wertvoll, wie Professor Weinhardt erläutert: „Die Aufzeichnungen sind individuelles Lernmaterial für die Studierenden und auch für uns in der Forschung bieten sie interessante neue Erkenntnisse. Zum Beispiel darüber, wie unsere Studierenden das theoretische Fachwissen nach den ersten Semestern anwenden können. So können wir auch Rückschlüsse auf die Gestaltung unserer eigenen Lehrveranstaltungen ziehen.“

Natürlich seien die Ergebnisse und Entwicklungsaufgaben der angehenden Fachkräfte sehr heterogen, eben genauso wie die Fälle in der Beratung von Kommunen und anderen Trägern. „Klar ist, die Theorie der sozialpädagogischen Beratungen ist kein Kuchenrezept, das die Fachkräfte einmal lernen und immer wieder anwenden. Es bleibt eine Kunstlehre das eigene Fachwissen auf die konkreten sozialpädagogischen Einzelfälle zu übertragen. Und das funktioniert am besten durch die Verzahnung von Theorie, Übung und Reflektion – idealerweise schon im Studium.“