Unternehmen können durch den freiwilligen Kauf von CO2-Zertifikaten die eigenen Emissionen reduzieren. Schon seit Längerem stehen CO2-Zertifikate jedoch zunehmend in der Kritik, da sie das Grundproblem nicht lösen, oft intransparent sind und eher symbolhaften Charakter haben. Das Problem der eigenen Emissionen an der Wurzel anzugehen, ist oft schwierig, da es mit tiefgreifenden Veränderungen in den Produkten des Unternehmens und den Unternehmensprozessen verbunden ist. Investitionen sind ebenfalls nötig.
„Allrounder“ und „Skeptiker“
Das Forschungsprojekt konnte fünf Gruppen an Unternehmen mit jeweils unterschiedlichen CO2-Einsparungsstrategien identifizieren: Circa ein Viertel der Unternehmen konzentriert sich auf die Reduzierung des eigenen CO2-Ausstoßes. Dies umfasst kleinere Maßnahmen wie beispielsweise den weitgehenden Verzicht auf Flüge bei Dienstreisen, aber auch tiefgreifende Maßnahmen wie die Umstellung der Produktion. 19 Prozent der Unternehmen nehmen zusätzlich die gesamte Wertschöpfungskette in Angriff. Sie achten beispielsweise auch bei ihren Zulieferern auf nachgewiesene Klimaschutzanstrengungen. 23 Prozent der Unternehmen rechnet das Forschungsteam den „Allroundern“ zu. Diese Vorbildunternehmen ergreifen umfassende Maßnahmen und haben eine ganzheitliche Klimaschutzstrategie entwickelt. Zu den Nachzüglern in Sachen Dekarbonisierung gehören 28 Prozent der Unternehmen. Sie warten ab und verfolgen bisher keine klare Strategie. Sieben Prozent der Betriebe ordnen die Forschenden den „Skeptikern“ zu. Diese erachten die CO2-Reduktion für nicht wichtig. „Die Ergebnisse zeigen eine positive Entwicklung – immer mehr Unternehmen konzentrieren sich nicht nur auf oberflächliche eher symbolische Maßnahmen, sondern auch auf tiefgreifende Veränderungen in Richtung mehr Klimaschutz“, so Mit-Autorin Solvej Lorenzen.
Überzeugungstäter im Unternehmen
Die Forschenden der Betriebswirtschaftslehre hatte daneben noch interessiert, was die Unternehmen dazu bewegt, tatsächliche Klimaschutzstrategien zu verfolgen, oder eher Symbolpolitik bei der Reduktion von CO2 zu betreiben – etwa durch Kompensation über freiwillige Zertifikate. Die Ergebnisse zeigen, dass es vor allem die Mitarbeitenden und das Management im Unternehmen selbst sind, die die Betriebe dazu treiben, sich ernsthafte Klimaschutzziele zu stecken und diese auch zu verfolgen. „Das Beste für den Klimaschutz ist, wenn es Überzeugungstäter im Unternehmen selbst gibt“, summiert der Trierer Betriebswirtschaftsprofessor Jörn Block. Die Studienautorinnen und -autoren empfehlen Unternehmen daher auch, ihre Beschäftigten und deren Ideen bei der Entwicklung von Klimaschutzmaßnahmen einzubeziehen. In Deutschland gebe es hier bereits einige Best Practice Beispiele. So versuchen einige Unternehmen mittels Apps und Gamification ihre Mitarbeitenden zum Klimaschutz zu motivieren. Andere Unternehmen nutzen gezielt das betriebliche Vorschlagswesen, erarbeiten gemeinsam mit den Mitarbeitenden Leitfäden und führen innerbetriebliche Energiesparwettbewerbe durch.
Klare Rahmenbedingungen für freiwillige CO2-Zertifikate
Die Forschungsergebnisse zeigten darüber hinaus, dass zu viel Druck von außen – etwa durch die Politik oder Aktivistengruppen – auch kontraproduktiv sein kann, weil sie Unternehmen eher zu symbolhaftem Handeln bewegen. Jörn Block: „Um wirkliche Veränderung bei den Unternehmen in Sachen Klimaschutz hervorzurufen, sollte die Politik Unternehmen dazu bewegen, aus eigenem Interesse heraus ihre CO2-Emmissionen nachhaltig zu reduzieren. Dazu gehört es auch klare Rahmenbedingungen für den Bereich Kompensation mit freiwilligen CO2-Zertifikaten zu schaffen.“
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Prof. Dr. Jörn Block
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