Eine Gemeinschaft, die so schnell nicht mehr zu trennen ist

Chor und Orchester des Collegium Musicum gaben in St. Maximin das dritte Konzert unter Leitung von Dirigent Gocha Mosiashvili.

Von Fabian Korinth (Collegium Musicum)

Es war ein leichter Nieselregen, es waren Wind und Kälte, die durch Trier zogen, während aus dem Inneren der St. Maximin-Kirche ein warmes, einladendes Licht durch die Fenster hinaus auf die umliegenden Straßen drang. In all ihrer Bescheidenheit wie ein Fels in der Brandung steht sie dort seit über tausend Jahren und bietet Jenen Zuflucht, deren Seele vor ermattendem Februargefühl oder sich anbahnenden Klausuren schwer geworden war.

Auf dem Programm des Konzertes standen die Unvollendete von Franz Schubert, das Abendlied von Josef Rheinberger sowie von Johannes Brahms Waldesnacht, Gesang der Parzen und Nänie.
Auf dem Programm des Konzertes standen die Unvollendete von Franz Schubert, das Abendlied von Josef Rheinberger sowie von Johannes Brahms Waldesnacht, Gesang der Parzen und Nänie.

Langsam, während noch die leisen Klänge der Anspielprobe in den gotischen Mauern umhergingen, begann sich der Saal zu füllen, die Musizierenden sich bereit zu machen, ihre Instrumente zu stimmen und im Kopf nochmal die gefährlichen Passagen durchzugehen, die sie in den letzten Monaten unaufhörlich herausforderten und dabei auch so manchen Triumph herbeiführten. Doch heute sollte es anders sein!

Verheißungsvolle Melodie

Auf die herzliche Eröffnungsrede der Universitätspräsidentin Prof. Dr. Eva Martha Eckkrammer lag eine gebannte Stille im Raum, die ewig zu währen schien - ewig, bis endlich, nachdem Dirigent Gocha Mosiashvili seinen ermutigenden Blick über das Orchester streifen ließ, eine verheißungsvolle Melodie der Celli das erste Stück einzuführen begann, das mit langsamem Erblühen, mit langsamer Vervielfältigung die Zuhörenden in seine Welt hineinzog.

Ja, das ist Schubert, mögen die ein oder anderen gedacht haben, deren Wissen um klassische Musik sich sonst in Grenzen hielt – doch kaum erklang die Oboe, zauberhaft und elegant, voller Sehnsucht und Freude zugleich, war man wie gefesselt, eins geworden mit dem Atem oder dem Strich der Spielenden, und wer dachte da noch an Februar oder Klausuren! In all ihrer Vielfalt, in all ihrer Melodik und letztlich auch in aller Brillanz musikalischer Ausführung offenbarte sich in der „Unvollendeten“ die Romantik schlechthin – und schließlich unter schallendem Applaus offerierte sie einen stolzen Vorgeschmack dessen, was noch kommen sollte!

Ergreifende Stücke

Wie auch erst das Orchester sich allein präsentierte, durfte der Chor zunächst ohne instrumentale Begleitung sich den Zuhörenden vorstellen. An die Stärke der vorangegangenen Symphonie schlossen sich zwei ergreifende vokale Stücke an: Brahms „Waldesnacht“ und Rheinbergers „Abendlied“. Wann immer Gesang allein ertönt, überträgt sich eine ungeahnte Demut - denn manchmal braucht es kein Instrument, kein riesiges Klimbim, sondern bloß das augenscheinlich Selbstverständlichste: die menschliche Stimme, um jemandem Frieden zu geben. Wie engelsgleich verschränkten und umarmten sich die einzelnen Lagen und Melodien, zogen sich zusammen und wieder auseinander wie ein strahlendes, schmelzendes Licht und zogen in ihrer Macht bis in die letzten Winkel der Kirche, um ihre Wirkung zu entfalten.

Wie bereits verkündet, stellten die zwei letzten und großen Stücke „Gesang der Parzen“ und „Nänie“ eine große Exklusivität dar, da sie ob ihrer musikalischen Gewalt und Schönheit nur selten aufgeführt werden. Das mag wohl daran liegen, dass sie beide nicht bloß angenehme Beschallung sind - sondern von den Zuhörenden erwarten, sie aufmerksam und kritisch anzuhören und begreifen zu wollen.

Das Leben reflektieren

Klassisch für Brahms sind Orchester und Chor komplex und stimmig verzahnt, und nur gemeinsam ergibt sich die Botschaft, die erst im Lauschenden zur Vollendung findet. Nein – in den scheinbar düsteren Worten, die von Goethe und Schiller stammen, in den mächtigen Wechseln von musikalischem Armageddon und seliger Ergriffenheit, die ausdrucksstark zum Vorschein kamen, steckt lediglich das Ermahnen des Menschen, sich selbst und sein Leben zu reflektieren und ihn daran zu erinnern, dass es eben nicht ewig währt. Denn was wäre auch das Schöne, ohne, dass es vergeht?

In diesem Sinne ist auch das Konzert des Collegium Musicum nun fürs Erste Erinnerung, doch das soll und wird es lange bleiben. Die Mühen aller Beteiligten haben sich gelohnt! Es war bereits das dritte Konzert des Collegium Musicum mit Dirigent Gocha Mosiashvili. Für Musizierende wie Zuschauende war es wunderbar zu sehen, wie aus dem damals noch frischen Zusammenkommen endgültig eine Gemeinschaft geworden ist, die so schnell nicht mehr zu trennen ist!

Das nächste Konzert sei hiermit bereits mit größter Vorfreude angekündigt… wir sehen uns wieder!