Dr. Gregor Ernst

Zur Person

Dr. Gregor Ernst studierte von 1999 bis 2005 Angewandte Umweltwissenschaften an der Universität Trier. Zwischen April und November 2005 verfasste er seine Diplomarbeit mit dem Thema "Schwermetallakkumulation in Regenwürmern auf ausgewählten Waldstandorten in der Schweiz" an der Eidgenössischen Forschungsanstalt WSL in Birmensdorf (Schweiz). Nach der Aufnahme ins Graduiertenkolleg im Oktober 2006 bildeten die Umwelthaftungsrichtlinie sowie die ökologische Relevanz der biologischen Vielfalt in Böden Forschungsschwerpunkte. Weitere Forschungsinteressen lagen in der Ermittlung des Einflusses von Regenwürmern auf den Wasserhaushalt (Biohydrology) und den C- und N-Umsatz in Böden sowie im Bereich des Schwermetalleintrages in Böden und deren Akkumulation in Regenwürmern.

 

Zur Person  Dissertation  Publikationen

 

Dissertation

Ökologische und umweltrechtliche Relevanz der biologischen Vielfalt im Boden

Betreuende: Prof. Dr. rer. nat. Christoph Emmerling und Prof. Dr. iur Peter Marburger

Datum der wissenschaftlichen Aussprache: 22.02.2010

Zusammenfassung

Diese Arbeit zeigt am Beispiel von Regenwürmern, dass zur Sicherung zentraler Regulierungs- und Nutzungsfunktionen im Boden die Erhaltung ihrer funktionellen Diversität von besonderer Bedeutung ist. Wegen ökophysiologischer Unterschiede variieren verschiedene Regenwurmarten in ihrem Habitat sowie ihrem Grab- und Fraßverhalten und verursachen hierdurch deutliche qualitative Unterschiede in ihrer funktionellen Relevanz. Die Ergebnisse dieser Arbeit haben gezeigt, dass die anecische (tiefgrabende) Regenwurmart Lumbricus terrestris wegen ihrer tiefgründigen Grabtätigkeit zur Strukturierung der Böden, zur Verbesserung der hydraulischen Bodeneigenschaften und zur verbesserten Belüftung der Böden beiträgt. Aufgrund der hohen Fraßaktivität reichern anecische Regenwürmer große Mengen an organischer Substanz im Mineralboden an, erhöhen die mikrobielle Aktivität und beschleunigen somit den Mineralisationsprozess im Boden. Endogäische (den Mineralboden bewohnende) Regenwürmer sind aufgrund ihrer geophagen Ernährungsweise am Streuabbau weniger intensiv beteiligt. Sie konsumieren vielmehr leicht verfügbare Nährstoffe und stehen somit in Konkurrenz zu Mikroorganismen im Boden. Durch ihre intensive Grabtätigkeit tragen sie hingegen in besonderem Maße zur Ausbildung eines komplexen Röhrensystems bei, was zu einer starken Konnektivität des Porensystems, einer erhöhten Wasserinfiltrationskapazität der Böden und zu einem schnellen vertikalen Wasserdurchfluss im Boden führt.

In landwirtschaftlichen Ökosystemen kann es durch eine erhöhte mechanische Beanspruchung der Böden zu einem Verlust an Diversität und zu einer Verschiebung der Dominanzstruktur der Lebensformen der Regenwürmer kommen. Auf landwirtschaftlich genutzten Flächen mit reduzierter Bodenbearbeitung wurde innerhalb der Regenwurmpopulation im Allgemeinen eine höhere Diversität nachgewiesen als in konventionell mit dem Pflug bearbeiteten Ackerflächen. Endogäische Regenwurmarten dominierten auf konventionell bearbeiteten Flächen und anecische Arten auf Flächen, die reduziert oder gar nicht bearbeitet wurden.

Um Bodenfunktionen nachhaltig zu sichern, muss das Ziel aus der Sicht des Bodenschutzes sein, möglichst viele Regenwurmarten mit qualitativ unterschiedlicher funktioneller Relevanz, also ein Mindestmaß an funktioneller Diversität, langfristig zu erhalten. Bei einer Definition der funktionellen Diversität einer Regenwurmpopulation müssen die Leistungen der einzelnen Regenwurmarten für die Strukturierung und den Stoff- und Wasserhaushalt der Böden sowie unterschiedliche Habitatansprüche und Toleranzgrenzen der Regenwurmarten mit berücksichtigt werden. Demnach sichert die Erhaltung der funktionellen Diversität der Regenwurmpopulationen eine gewisse Stabilität des Ökosystems vor externen Störungen.

Das BBodSchG schützt zwar den Lebensraum der Bodenorganismen vor anthropogenen Eingriffen, die Biodiversität als solche ist jedoch nicht direkt als Schutzgut aufgeführt. Da jedoch zur Sicherung der Bodenfunktionen nach § 2 Abs. 2 BBodSchG die Erhaltung der funktionellen Diversität der Regenwürmer notwendig ist, kann hier von einer indirekten Berücksichtigung der funktionellen Diversität der Regenwürmer gesprochen werden. Die Bestimmungen der guten fachlichen Praxis der landwirtschafltichen Bodennutzung nach § 17 BBodSchG sollten daher um die Erhaltung der funktionellen Biodiversität im Boden erweitert werden. Negative Veränderungen der Bodeneigenschaften sind nach dem BBodSchG nur dann schädliche Bodenveränderungen, wenn Bodenfunktionen beeinträchtigt werden und erhebliche Nachteile für den Einzelnen oder die Allgemeinheit entstehen. Die Erheblichkeit eines Diversitätsverlusts bei Regenwürmern kann anhand mehrerer Kriterien beurteilt werden: (1) der funktionellen Relevanz, (2) der Regenerationsfähigkeit und (3) der ökonomischen Relevanz eines Diversitätsschadens.

Die bestehenden Umweltgesetze enthalten zahlreiche Instrumente mit denen die funktionelle Diversität von Regenwurmpopulationen in land- und forstwirtschaftlichen Ökosystemen gesichert oder gesteigert werden kann. Die Einrichtung von Bodenschutzgebieten (§ 8 LBodSchG-RLP), Landschaftsschutzgebieten (§ 3 BNatSchG) und geschützten Landschaftsbestandteilen (§ 23 LNatSchG) können die Diversität von Regenwurmpopulationen in land- und forstwirtschaftlichen Ökosystemen dahingehend sichern, dass hierdurch Rückzugshabitate für Regenwürmer geschaffen und geschädigte Bereiche in absehbaren Zeiträumen wiederbesiedelt werden können. Heckenstreifen, Feldraine, Saumstrukturen, Grünlandstreifen oder Brachflächen können als solche Rückzugshabitate für Regenwurmarten betrachtet werden. Das Risiko eines nachhaltigen Verlusts an wichtigen ökosystemaren Funktionen durch einen Biodiversitätsverlust bei Regenwürmern kann unter Einhaltung einer Mindestdichte solcher Landschaftselemente minimiert werden.

Des Weiteren zeigen die Ergebnisse dieser Arbeit, dass eine Schädigung der Diversität von Regenwurmpopulationen auch von zivilrechtlicher Relevanz sein kann. Die Schädigung einer Regenwurmart kann zu einer Beeinträchtigung wichtiger Regulierungsfunktionen im Boden führen, sich auf die Qualität des Bodens negativ auswirken und damit auch eine widerrechtliche Verletzung des Grundeigentums im Sinne des § 906 BGB oder einer Sache gemäß § 1 UmweltHG darstellen.

Die Dissertation ist in der Schriftenreihe Trierer Bodenkundliche Schriften, Band 13, der Abteilung Bodenkunde der Universität Trier (Herausgeber) erschienen. 

 

Publikationen

Ernst, G., Henseler, I., Felten, D., Emmerling, C. (2009): Decomposition and mineralization of energy crop residues governed by earthworms. Soil Biology and Biochemistry 41, 1548-1554. http://dx.doi.org/10.1016/j.soilbio.2009.04.015

Ernst, G., Emmerling, C. (2009): Impact of five different tillage systems on soil organic carbon content and the density, biomass, and community composition of earthworms after a ten year period. European Journal of Soil Biology 45, 247-251. http://dx.doi.org/10.1016/j.ejsobi.2009.02.002

Ernst, G., Felten, D., Vohland, M., Emmerling, C. (2009): Impact of ecologically different earthworm species on soil water characteristics. European Journal of Soil Biology 45, 207-213.
http://dx.doi.org/10.1016/j.ejsobi.2009.01.001

Ernst, G., Zimmermann, S., Christie, P., Frey, B. (2008): Mercury, cadmium and lead concentrations in different ecophysiological groups of earthworms in forest soils. Environmental Pollution 156, 1304 - 1313. http://dx.doi.org/10.1016/j.envpol.2008.03.002

Ernst, G., Müller, A., Göhler, H., Emmerling, C. (2008): C and N turnover of fermented residues from biogas plants in soil in the presence of three different earthworm species (Lumbricus terrestris, Aporrectodea longa, Aporrectodea caliginosa). Soil Biology and Biochemistry 40, 1413 - 1420. http://dx.doi.org/10.1016/j.soilbio.2007.12.026

Ernst, G., Frey, B. (2007): The effect of feeding behavior on Hg accumulation in the ecophysiologically different earthworms Lumbricus terrestris and Octolaseon cyaneum: A microcosm experiment. Soil Biology and Biochemistry 39, 386-390. http://dx.doi.org/10.1016/j.soilbio.2006.07.020