Dr. Jessica Weyer

Zur Person

Dr. Jessica Weyer studierte Biologie an der Technischen Universität Kaiserslautern und später Angewandte Biogeographie an der Universität Trier. Ihre Diplomarbeit zum Thema "Genetic differentiation of two prairie rattlesnake-populations (Crotalus viridis viridis) in fragmented and virgin landscape near Medicine Hat, Alberta, Canada" erarbeitete sie in Kooperation mit Dennis Jørgensen (Program Officer for WWF’s Northern Great Plains program) an der University of Calgary. Über mehrere Jahre arbeitete Frau Weyer als Wissenschaftliche Hilfskraft bei der Umweltprobenbank des Bundes an der Universität Trier. Ihre Promotionsschrift verfasste Frau Weyer als Wissenschaftliche Mitarbeiterin im Rahmen der Forschungsinitiative Rheinland-Pfalz (Die Folgen des Global Change für Bioressourcen, Gesetzgebung und Standardsetzung) sowie des DFG-Graduiertenkollegs am Insitut für Umwelt- und Technikrecht der Universität Trier.

Dissertation

Die Auswirkungen der Habitatfragmentierung auf die Konnektivität von Populationen unterschiedlich mobiler Insektenarten

Betreuende: Prof. Dr. rer. nat. Thomas Schmitt und Prof. Dr. iur Reinhard Hendler

Datum der wissenschaftlichen Aussprache: 03.02.2014

Zusammenfassung

Um die weiterhin ansteigende Weltbevölkerung auch zukünftig mit Nahrungsmitteln und anderen wichtigen Rohstoffen zu versorgen, bedarf es einer immer größeren Nutzungsausweitung auf natürliche bzw. naturnahe Flächen zu Gunsten der Landwirtschaft. Im Jahre 2009 entfiel bereits ein Drittel der Landoberfläche der Erde auf landwirtschaftlich genutzte Flächen; in diesem Referenzjahr wurden von der Gesamtfläche Deutschlands 47% landwirtschaftlich genutzt. In jüngster Zeit kommt der Landwirtschaft neben der klassischen Rohstoff- und Nahrungsmittelproduktion noch eine weitere wichtige Bedeutung als Energielieferant zu. Ein zusätzlicher Flächenbedarf und eine weitere Intensivierung der Landwirtschaft stellen die logische Konsequenz dieser Entwicklung dar. Für viele Arten führt dieser Trend zu einem drastischen Rückgang ihrer Lebensräume.

Dieser Verlust von Habitaten durch direkte Vernichtung oder Degradation führt zu einer starken Fragmentierung von Populationen vieler Arten. Die direkten und indirekten Auswirkungen des Verlusts von Habitaten auf den weltweiten Biodiversitätsrückgang werden mittlerweile in der Wissenschaft als eine der Hauptursachen für den Rückgang von Tier- und Pflanzenpopulationen anerkannt. Der Umfang dieser Auswirkungen auf den Biodiversitätsverlust ist dabei noch gravierender als der des Klimawandels oder des Einflusses durch invasive Arten. Auch der Gesetzgeber hat mittlerweile dieses Problem erkannt und versucht dem entgegenzuwirken.

In der vorliegenden Arbeit wird durch einen multiplen Methodenansatz (Fang-Wiederfang-Studien, Populationsgenetik, Landschaftsgenetik) der Einfluss der Habitatfragmentierung auf die Konnektivität der Populationen von zwei unterschiedlich mobilen Insektenarten untersucht. Als Modelarten wurden hierfür eine flugunfähige und daher wenig mobile Heuschreckenart (Chorthippus montanus) und ein hoch mobiler Tagfalter (Brenthis ino) ausgewählt, welche beide an Feuchtgrünländer gebunden sind. In Ergänzung zu den naturwissenschaftlichen Untersuchungen und mit Hilfe der gewonnenen Erkenntnisse, wird insbesondere die Eignung des Biotopverbundes zum Schutz des Grünlandes in Rheinland-Pfalz aus juristischer und naturwissenschaftlicher Sicht bewertet.

Kapitel 1 befasst sich mit der Methode von Fang-Wiederfang. Bei dieser handelt es sich nach wie vor um die wichtigste Methoden, um einerseits direkt die Mobilität einer Art zu ermitteln und andererseits Kenntnisse über deren Ökologie im Freiland zu gewinnen. Gleichwohl werden auch die Grenzen und Schwächen dieser Methode diskutiert. InKapitel 2 wird anhand einer solchen Fang-Wiederfang-Studie die Populationsgröße, die Mikrohabitatpräferenz und die Mobilität für C. montanus untersucht. Anhand der erzielten Ergebnisse wird gezeigt, dass die Art nur ein sehr eingeschränktes Mobilitätspotenzial besitzt und stark an ihr Habitat gebunden ist. Eine Durchquerung von ungeeigneten Lebensräumen ist folglich auf Grund ihrer geringen Mobilität und ihrer hohen Habitataffinität als äußerst unwahrscheinlich zu erachten. In einer zweiten Fang-Wiederfang-Untersuchung wurden die Mobilität und das Verhalten von Brenthis ino in seinem Habitat ermittelt; die dabei erzielten Ergebnisse sind in Kapitel 3 dargestellt. Nur wenige wissenschaftliche Untersuchungen konnten bisher eine starke Philopatrie für eine nicht territoriale Insektenart nachweisen. Dieses Ergebnis wird einerseits dadurch gestützt, dass 40% der untersuchten Individuen nicht mehr als 2% des ihnen zur Verfügung stehenden Habitates nutzten, sowie andererseits dadruch, dass alle Individuen, die bei einem Flächenwechsel beobachtet wurden, zu ihrer Ursprungsfläche zurückkehrten. Kapitel 4 beschreibt die Entwicklung und Etablierung von elf hochpolymorphen Mikrosatelliten-Primern anhand von 40 Individuen des Mädesüß-Perlmutterfalter. Zusätzlich zu den Fang-Wiederfang-Untersuchungen im Freiland wurden populations- und landschaftsgenetische Analysen für beide Arten durchgeführt. Die genaue Vorgehensweise ist in Kapitel 5dargelegt. Die populationsgenetischen Analysen zeigen eine starke Isolierung der Populationen des Sumpfgrashüpfers (Structure-Analyse: bestes K = 13), während zwischen den untersuchten Populationen des Mädesüß-Perlmutterfalters eine gute Konnektivität im Untersuchungsgebiet bestand (bestes K = 2). Anhand einer landschaftsgenetischen Analyse wird gezeigt, dass Wälder und bebaute Flächen für beide Arten substanzielle Barrieren für den Genefluss darstellen.

Vor dem Hintergrund der naturwissenschaftlichen Ergebnisse und basierend auf einer GIS gestützten Analyse wird in Kapitel 6 gezeigt, dass eine lokal ausreichende Vernetzung von Grünländern in Rheinland-Pfalz durch den Biotopverbund existiert. Die Berücksichtigung der Konnektivität bei der Auswahl und Ausgestaltung der Instrumente zur rechtlichen Sicherung und Umsetzung des Biotopverbundes (§ 21 BNatSchG) bergen großes Potenzial zum Schutz von Grünlandflächen. Im Einzelnen allerdings bedürfen die Instrumente einer weitergehenden Konkretisierung und vor allem einer konsequenten Anwendung. Ebenfalls mit dem auf Rheinland-Pfalz gerichteten Schwerpunkt wurde in Kapitel 7 der konkrete Beitrag der Landschaftsplanung zum Biotopverbundsystem analysiert. Es wird gezeigt, dass die Landschaftsplanung zwar ein geeignetes Instrument zur Erarbeitung des Biotopverbundes ist, aber kein Instrument zur rechtlichen Sicherung desselbigen im Sinne des § 21 Abs. 4 BNatSchG sein kann.

Die Dissertation ist als Online-Ressource abrufbar.