Das Gefühl, etwas hat sich grundlegend verändert ...

Verschlechterungen der psychischen Gesundheit werden noch immer gerne mit „Jeder hat mal schlechte Laune!“ abgetan. Zu oft werden erste Anzeichen psychischer Erkrankungen kleingeredet, was eine spätere Behandlung unnötig erschwert. Betroffene ernstzunehmen, bleibt die notwendige Bedingung für alle folgenden Schritte. Eine frühzeitige, offene und möglichst konkrete Kommunikation der eigenen Situation stellt jedoch für die meisten Betroffenen eine enorme Hürde dar. Bevor man sich jemandem anvertraut, kann es daher sinnvoll sein, sich einige grundlegende Fragen selbst zu stellen:

  • Liegt eine punktuelle Belastungssituation vor, für deren Bewältigung ich Hilfe benötige? (Prüfung, Jobwechsel, Trennung, Trauerfall)
  • Wie stark variieren die Beschwerden in Quantität, Qualität und Intensität?
  • Wie situations- bzw. kontextabhängig sind die Beschwerden?
  • Wem kann oder sollte ich mich nicht anvertrauen? (Ausschlussprinzip)

Eine psychische Krankheit selbst nicht mehr per se auszuschließen (bitte nicht mit „Selbstdiagnose“ verwechseln!), ist ein wichtiger und mutiger Schritt in Richtung Hilfe und Verbesserung der Lebenssituation. Wem man sich wann anvertraut, hängt immer von der persönlichen Situation ab; neben allem anderen sollte professionelle ärztliche Hilfe jedoch immer eine Option sein. Wer mit Freunden, der Familie oder anderen Vertrauenspersonen aus dem universitäten Umfeld nicht sprechen möchte, findet bei Beratungsstellen und dem Krisendienst ein offenes Ohr.

  • CampusOhr, Zuhör- und Gesprächsangebot von Psychologiestudierenden. Einfach eine Mail schreiben: campusohrgmailcom
  • Psychosoziale Beratungsstelle des Studiwerks
  • Telefonseelsorge, Telefon: 0800/1110111 oder 0800/1110222
    Gebührenfrei rund um die Uhr erreichbar
  • Rettungs-Ring, Onlineberatung
    Hilfsangebot für Menschen in psychischen Krisen
  • Krisentelefon Trier: 0651/718-4545
    Montag bis Freitag 17 bis 9 Uhr (!) und am Wochenende ganztägig. Psychosoziale Hotline für Menschen aus der Stadt Trier

Eine Behandlung beginnen

Die Hausärztin bzw. der Hausarzt ist in der Regel die erste Anlaufstelle bei allgemeinen gesundheitlichen Problemen. Auch mit Verdacht auf eine psychische Erkrankung ist die hausärztliche Praxis eine gute erste Wahl. Denn zuerst sollte überprüft werden, ob sich die Symptome auf körperliche Ursachen zurückführen lassen, z.B.:

  • Unverträglichkeiten, Allergien o. ä.
  • Nährstoff-/ Vitaminmängel
  • Stoffwechselstörungen
  • Hormonelle Ungleichgewichte z.B. durch Hormonelle Verhütung
  • Bisher unbekannte körperliche Erkrankungen

Die Hausärztin/ der Hausarzt kann im Anschluss gegebenenfalls selbst eine geeignete Behandlung durchführen oder Überweisungen an entsprechende Fachpraxen ausstellen. Darüber hinaus kann eine Verdachtsdiagnose überprüft, erste Informationsarbeit zur psychischen Erkrankung geleistet und über mögliche Behandlungsoptionen aufgeklärt werden.

Wie geht es dann weiter?

Konnte eine körperliche Ursache für die Symptome ausgeschlossen werden und/oder liegt ein handfester Verdacht für eine psychische Erkrankung vor? Die fachärztliche Diagnose kann von den ersten hausärztlichen Einschätzungen abweichen. An dieser Stelle zu allererst nicht in Panik geraten! Die tatsächliche Diagnose einer psychischen Erkrankung kann schockieren, belasten und verunsichern. Dennoch ist es oft hilfreich, sich direkt intensiv und aktiv mit der neuen Situation auseinanderzusetzen. Wer mit der Diagnose nicht zufrieden ist, sollte das klar kommunizieren und sich gegebenenfalls eine zweite Meinung einholen. Im nächsten Schritt geht es um die Entscheidung für eine Behandlung.

Zwischenschritt: Versicherung

Welche Leistungen übernimmt meine Krankenversicherung? Was muss ich noch beachten? Um Klarheit zu haben, einfach auf direktem Weg bei der Krankenkasse anrufen - und sich nicht von der Warteschleife entmutigen lassen.

Psychiater, Psychologe, Psychotherapeut - was ist der Unterschied?

Psychiater*innen haben Medizin studiert und im Anschluss eine mehrjährige fachärtzliche Ausbildung (Psychiater) absolviert. Sie fühen keine Gesprächstherapie durch, sondern verordnen Medikamente und Ergotherapie, schreiben krank und können eine Reha beantragen.

Psycholog*innen haben Psychologie studiert. Die klinische Psychologie ist dabei nur ein kleiner Teil des Studiums, wichtige Schwerpunkte sind Methodenlehre und Statistik.

Psychotherapeut*innen haben entweder Psychologie oder Medizin studiert und im Anschluss eine mehrjährige Ausbildung absolviert. Sie führt eine Gesprächstherapie durch, die, wenn ein Kassensitz besteht, von der Krankenkasse bezahlt wird. Sie können krank schreiben, Ergotherapie verordnen, eine Reha beantragen oder stellen bei Bedarf eine Überweisung für die Psychiatrie aus. In einer psychotherapeutischen Praxis arbeiten Patient*in und Psychotherapeut*in zielorientiert, die Ziele und Schwerpunkte werden vor und während der Behandlung miteinander besprochen. Es gilt hier verschiedene Therapieformen zu unterscheiden:
Die Verhaltenstherapie (VT) geht davon aus, dass problematisches Verhalten in erster Linie das Ergebnis von Lernprozessen ist und durch die Verwendung von Verhaltens- und Lernprinzipien verändert werden kann. Sie versteht sich als transparentes Verfahren, Therapieziele werden gemeinsam mit Patient*innen bestimmt und Behandlungsstrategien erst nach Rücksprache mit den Patient*innen eingesetzt. Die Dauer einer verhaltenstherapeutischen Behandlung liegt zumeist bei 30 - 50 Stunden und findet einmal wöchentlich statt. Patient*in und Therapeut*in sitzen sich gegenüber. Die tiefenpsychologische Psychotherapie (TP) legt ihren Schwerpunkt auf innere Konflikte und Entwicklungsstörungen, die in der aktuellen Lebenssituation der Patient*innen auftreten. In der therapeutischen Praxis arbeiten Patient*innen und Psychotherapeut*innen zielorientiert, die Ziele und Schwerpunkte werden vor und während  der Behandlung miteinander besprochen. Die Dauer einer tiefenpsychologisch fundierten Behandlung liegt zumeist bei 50 - 100 Stunden und findet ein- bis zweimal wöchentlich statt. Hierbei sitzen sich Patient*innen und Therapeut*innen gegenüber. Im Zentrum der analytischen Psychotherapie (AP) stehen innere Konflikte. Die ausführliche Bearbeitung der zugrunde liegenden Ursachen solcher Konflikte und Störungen, die aus der weiteren Vergangenheit, insbesondere aus der frühen Kindheit stammen, spielen eine zentrale Rolle. Die Dauer einer analytischen Behandlung liegt zumeist bei 80 - 200 Stunden und findet ein- bis dreimal wöchentlich statt. Neben der Therapie im Sitzen führen einige Therapeut*innen eine liegende Behandlung durch.

Wie finde ich einen Therapeuten?

Adressen von Psychotherapeuten findet man an verschiedenen Stellen: Die Kassenärztliche Vereinigung

jedes Bundeslandes hält online eine Übersicht mit Praxen bereit, z.B. für Rheinland Pfalz unter: www.kv-rlp.de (Start -> Patienten -> Psychotherapie -> Praxen für Psychotherapie).


In den Gelben Seiten finden Sie ebenfalls Adressen und Telefonnummern von Psychotherapeuten Ihres Wohnortes, allerdings fehlen dort weiterführende Hinweise zur Abrechnungsgenehmigung und zum Spezialgebiet. Bei manchen Krankenkassen können ebenfalls Listen mit Therapeuten angefordert werden. Das kann sich lohnen, denn in einigen Regionen bieten die Kassen auch die Kostenübernahme bei Therapeuten ohne Kassensitz an.

Wie nehme ich Kontakt auf?

Abhängig von Region, Versicherungsstatus und dem gewähltem Therapieverfahren kann die Verfügbarkeit von Therapieplätzen sehr stark variieren, Wartezeiten von mehreren Monaten bis zu einem Jahr sind aktuell üblich. Um dennoch möglichst zeitnah einen Therapieplatz zu finden, ist es sinnvoll, gleich mehrere Therapeuten zu kontaktieren und sich nach einem Termin für eine erste Sitzung zu erkundigen. Was sich in der Theorie leicht anhört, bildet oft aber den schwierigsten Abschnitt auf der Suche nach einer guten Behandlung. Viele therapeutische Praxen haben kein Sekretariat, sondern bieten an wenigen Terminen in der Woche ein Zeitfenster an, in dem man telefonisch einen Termin vereinbaren kann. Oft erreicht man also nur den Anrufbeantworter und wenn man dort eine Nachricht hinterlässt, gibt es keine Garantie für einen Rückruf. Da viele Praxen Wartelisten führen, ist es durchaus üblich und empfehlenswert, sich gleich auf mehrere setzen zu lassen, so erhöhen Sie maßgeblich Ihre Chancen auf eine schnelle Behandlung. Nachdem Sie eine Praxis erreicht haben, wird er man mit Ihnen erst einmal ein Termin für ein „Probegespräch“ vereinbaren.

Bewilligung der Therapie

Im Verlauf der probatorischen Sitzung (erste Sitzung) erstellt der Psychotherapeut die Diagnose und beantragt bei der Krankenversicherung ein gewisses Kontingent an Therapiestunden. Je nach Vorgaben des Kostenträgers kann es dafür erforderlich sein, dass der Psychotherapeut einen Bericht für einen Gutachter erstellt. Dieser Bericht wird mittels eines verschlossenen Umschlages über die Krankenkasse an den Gutachter weitergeleitet, die dortigen Sachbearbeiter erfahren somit nichts von Ihrer Krankengeschichte. Erst wenn der Gutachter die Notwendigkeit der Therapie befürwortet, kann die Behandlung weitergehen. Oftmals entsteht während der Bearbeitungszeit eine Pause, die mehrere Wochen dauern kann. Immer benötigt wird der so genannte Konsiliarbericht, dieses Formblatt gibt man seinem behandelnden Arzt, er gibt dort an, dass die aktuellen Symptome nicht durch eine körperliche Krankheit entstanden sind. Hinweis: wer bereits in Therapie war und keine Stunden mehr bewilligt bekommt, kann es mit einem Wechsel des Behandlungsverfahrens versuchen, also nach der VT-Behandlung eine TP-Behandlung anfordern, um so weiter in Behandlung zu bleiben.

Zusätzliche Behandlungsoptionen

Neben der ambulanten Behandlung durch Psychiater*innen und Psychotherapeut*innen gibt es noch weitere, stationäre, Optionen.

Tagesklinik: Dieses teilstationäre Angebot umfasst Einzel- und Gruppentherapie, Ergotherapie, oft Sport- und Freizeitgebote, sowie eine medizinische Betreuung durch Psychiater*innen und Pflegekräfte. Von morgens bis zum Nachmittag hält man sich dort auf, geschlafen wird zu Hause. Die Verweildauer liegt bei ca. drei Wochen, während dieser Zeit ist man auch krankgeschrieben. Man kann sich selbst dort anmelden oder lässt die behandelnden Arzt*innen die Behandlung anbahnen. Zu Behandlungsbeginn wird eine Einweisung benötigt.  Meist ist mit Wartezeiten auf einen freien Platz zu rechnen.

Akutbehandlung/psychiatrische Klinik: Der Wunsch nach einem Klinikaufenthalt – von Zwangseinweisungen abgesehen – kann schneller bestehen als gedacht. Gerade in akuten Belastungssituationen (und um das eigene Leben zu retten!) erscheint ein Psychiatrieaufenthalt als beste (oder letzte) Option. Auch das Angebot der Psychiatrien variiert stark, daher ist es sinnvoll, sich über die Klinik im Allgemeinen, über die Behandlungsmethoden und über die personelle Besetzung zu informieren. Ebenso sollte man sich fragen, welche Art von Hilfe man sich wünscht; in welchem Maß man auf ein geschütztes Umfeld angewiesen ist und inwieweit man eine vorgegebene sowie teilweise restriktive Tagestruktur benötigt. In der Regel sind auch hier die Wartezeiten sehr lang. Es ist immer besser, einmal zu viel als zu wenig in der Klinik vorstellig zu werden und eine Aufnahme zu fordern. So eine „Selbsteinweisung“ ist, bei entsprechender Dringlichkeit, auch erfolgreich. Sorgen, dass man nach einer Selbsteinweisung nicht mehr aus der Klinik herauskommt, sind unbegründet. Hat man sich selbst eingewiesen, kann man spätestens nach 48 Stunden die Klinik wieder verlassen, auch gegen den Willen der Ärzt*innen.

Übrigens: Alle stationären und ambulanten Behandlungsoptionen können miteinander kombiniert werden!

Und falls Sie sich fragen, wie eine psychische Erkrankung mit dem Studium vereinbar ist, hilft vielleicht eine Beratung in der ZSB. Einfach unter Tel. 0651 201 2805 einen Termin vereinbaren. Wir behandeln persönliche Angaben streng vertraulich.