Elektronische Zeitungen: Was die Nutzer davon halten

Empirische Studie von Forscherteam an der Universität Trier

Auch in der elektronischen Zeitung wird heftig geblättert. Der Knopf zum Umblättern wird gleich zehnmal häufiger genutzt als der direkte Sprung auf bestimmte Seiten über das Inhaltsverzeichnis. Das ist eines von einer ganzen Reihe von "Nutzungsmustern", die nahtlos von der gedruckten Zeitung auf die "digital edition" oder "E-Paper" übertragen werden. Generell gilt aus Sicht der Leser: auch wenn E-Paper am Computerbildschirm gelesen wird, so sehen die Leser diese Form der Zeitung im Internet zwar als Alternative zur gedruckten Zeitung, nicht aber zu den Online-Diensten der Tageszeitung. Dies sind einige der wesentlichen Ergebnisse einer wissenschaftlichen Studie des Faches Medienwissenschaft und des Competence-Centers Electronic Business (CEB) der Universität Trier. Die Gruppe um Prof. Dr. Hans-Jürgen Bucher hat das E-Paper-Angebot der Rhein-Zeitung (Koblenz) einer vergleichenden empirischen Rezeptionsanalyse unterzogen um heraus zu finden, wie die Leser Zeitung, Online-Dienst und E-Paper nutzen.

 

Diese erste empirische Studie zur E-Paper-Nutzung umfasst drei Teile: eine Online-Befragung von rund 460 E-Paper-Abonnenten, eine qualitative Rezeptionsanalyse (lautes Denken, Analysevideos) mit 24 Probanden im Labor und die Auswertung der Logfiles von E-Paper aus zwei ausgewählten Erfassungswochen.

 

Das wesentliche Resultat: die Nutzung von E-Paper entspricht weitgehend der Nutzung der gedruckten Zeitung - bis hin zum Farbleitsystem. Allerdings wünschen die Leser noch mehr Interaktion und Fülle, also weitere Informationen "hinter" den gedruckten Nachrichten, mehr Kommentare und eine starke Nutzung von Hyperlinks. Für fast zwei Drittel der Abonnenten ist - neben der Mobilität - das Archiv der wichtigste Grund der E-Paper-Nutzung.

 

Im Anzeigenbereich sollte eine schnelle Stichwortsuche dabei helfen, schnell das gewünschte Angebot zu finden, sagen immerhin fast 80 Prozent der Befragten. Jeder Dritte hätte gerne weiter führende Links auch im Anzeigenbereich.

 

Was die Untersuchung für die Forschergruppe aus Trier besonders spannend machte: "E-Paper ist für die Nutzer alt und neu zugleich". Das Angebot verbindet zwei verschiedene Nutzungsweisen, die des Zeitungslesens mit der des Surfens. Die Akzeptanz von e-Paper, die durch die Online-Befragung belegt wird, beruht gerade auf diesem Kompetenztransfer vom alten zum neuen Medium. Allerdings weisen die Forschungsbefunde auch auf Einschränkungen hin. Die Verkleinerung der Zeitungsseite auf das Bildschirmformat beeinträchtigt die Lesbarkeit und erschwert dadurch Lesestrategien, die gerade für die Zeitungslektüre charakteristisch sind: das Querlesen und die Orientierung an Zwischentiteln, Bildzeilen oder Fettauszeichnung. Ganz deutlich beeinträchtig das aus Sicht der Online-Leser den Nutzwert von Anzeigenseiten. Hier könnten verbessere Such- und Sortiermöglichkeiten Abhilfe schaffen.

Der deutliche Wunsch der Nutzer nach mehr Interaktivität macht eines deutlich: reine pdf-Lösungen von E-Paper-Ausgaben dürften kaum auf große Akzeptanz stoßen.

 

Die Ergebnisse dieser durch das Ministerium für Wirtschaft, Verkehr, Landwirtschaft und Weinbau des Landes Rheinland-Pfalz (Förderung der wirtschaftnahen Forschung) geförderten Forschung werden als Zusammenfassung in der kommenden Ausgabe der Zeitschrift "Zeitungstechnik" veröffentlicht. Eine ausführliche Darstellung folgt in der Publikationsreihe der IFRA.

 

Kontaktadresse:

Prof. Dr. Hans-Jürgen Bucher

Medienwissenschaft Universität Trier

Competence Center E-Business (CEB)

54286 Trier

Phone: (0049) (0)651-201 3607

Fax: (0049) (0)651-201 3616

Mail: bucheruni-trierde

Web: http://medien.uni-trier.de

www.medienwissenschaft.de

www.ceb-trier.de