Gedenkfeier der Trierer Universität für Mutsuko Ayano

Mutsuko Ayano Fonds vergibt Stipendien an Studierende

Vor 20 Jahren - am 17. November 1983 - wurde die ehemalige japanische Studentin Mutsuko Ayano auf dem Kreuzweg des Petrisberges Opfer eines brutalen Raubüberfalls. Zwei Tage später erlag sie ihren schweren Verletzungen im Beisein ihrer aus Japan angereisten Eltern, ohne vorher das Bewußtsein wiedererlangt zu haben. Entsetzen, Scham und Mitgefühl löste damals vor 20 Jahren die grausame Tat unter Studenten, Mitarbeitern und Professoren der Universität wie in der Trierer Bevölkerung aus. Tiefe Betroffenheit und große Anteilnahme zeigten Menschen in ganz Deutschland und Japan. Die Universität wird in einer kleinen Gedenkfeier am Freitag, 21. November 2003, um 11:00 Uhr an der Gedenkstätte auf dem Petrisberg (oberhalb des Kreuzweges), an sie erinnern.

 

Zu der Gedenkfeier lädt Universitätspräsident Prof. Dr. Peter Schwenkmezger - auch im Namen der Stadt Trier, des Freundeskreises Trierer Universität e.V. und des Rotary Clubs Trier - herzlich ein. Die Eltern von Mutsuko Ayano und Konsul Yasushi Fukagawa vom Generalkonsulat Frankfurt werden ebenfalls anwesend sein. Der japanische Botschafters sendet Gedenkworte zu der Feier.

 

Täter war der 20jährige Pole Janusz Komar, der sich kurzfristig in Trier als Schaustellergehilfe auf der Allerheiligenmesse aufhielt. Er hatte es auf das Geld der Studentin abgesehen. Als er Mutsuko Ayano die Handtasche entreißen wollte, wehrte sie sich, kam zu Fall und wurde von dem Mann auf brutale Weise mit Stiefeltritten gegen den Kopf bewußtlos getreten. Seine Beute waren 90 DM. Spaziergänger fanden die Studentin Stunden später. Komar wurde drei Monate später in Regensburg als Täter überführt, nachdem er dort eine Blumenfrau überfallen und auf ähnlich brutale Weise zu Tode getreten hatte wie Mutsuko Ayano. Er wurde zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe wegen Mordes sowie neun Jahren wegen "Raubes mit Todesfolge" vom Regensburger Landgericht verurteilt.

 

Studium in Trier von 1981 bis 1983

Mutsuko Ayano studierte als Rotary Stipendiatin von 1981 bis 1983 an der Universität Trier. Sie war nach Deutschland gekommen, um das in Japan abgeschlossene Germanistikstudium für die Promotion fortzusetzen. Schon früh entwickelte sie ihre Liebe zu der deutschen Sprache, Literatur und Musik. Es ist kein Zufall, daß sie gerade in Trier weiterstudieren wollte. Bereits 1979 hatte sie mit dem Linguisten Professor Dr. Hermann Gelhaus wegen ihrer Examensarbeit Kontakt aufgenommen. Für die Promotion wollte sie bei einigen, ihr aus der Literatur bekannten Wissenschaftlern in Trier, Seminare besuchen. Sie war als eifrige, begabte Studentin beliebt.

 

Briefe an die Eltern

Mit ausgeprägter Sensibilität erlebte Mutsuko Ayano während ihres zweijährigen Aufenthalts den Unterschied zweier entfernter Kulturen in Europa und Asien. Dies geht aus ihren Briefen hervor, die sie an ihre Eltern geschrieben hat. Sie zeigen, wie Mutsuko Ayano zu einem differenzierten Deutschlandbild gelangt und Gegensätze zu ihrer fernöstlichen Kultur mit liebevoller Klarheit und Direktheit schildert. Die Briefe sind inzwischen wiederaufgelegt worden und in gebundenem Format im Akademischen Auslandsamt der Universität Trier gegen einen kleinen Kostenbeitrag zu erhalten.

 

Gedenkstein

Auf dem Kreuzweg am Petrisberg steht heute ein Gedenkstein, gestiftet vom Rotary-Club, dessen Stipendiatin Mutsuko Ayano einmal war. Der Trierer Bildhauer Jupp Zimmer hat ihn nach Vorschlägen der Eltern in schlichten Sandstein gehauen. Im oberen Teil wurden ihrem Wunsch entsprechend die zwei buddhistischen Worte "myoo hoo" in japanischer Schrift eingemeißelt. "Ihre Bedeutung weist auf die Wahrheit über das Universum hin und wir rezitieren sie regelmäßig, wenn wir für Mutsukos Seele beten", schrieben die Eltern im April 1984 an das Akademische Auslandsamt der Universität. Einige Trierer Bürger gedenken des tragischen Schicksales der damals 27 jährigen Japanerin besonders liebevoll und schmücken die Stätte regelmäßig mit Blumen.

 

Mutsuko Ayano Fonds

Bewundernswert ist die Haltung der tief betroffenen Eltern nach dem Tode ihrer Tochter. Sie gründeten den "Mutsuko Ayano Fonds" an der Universität Trier zur Erinnerung an eine besonders begabte und befähigte Kommilitonin der Hochschule. Jährlich vergibt die Stiftung Stipendien an Studierende oder Graduierte aus Japan für einen Studienaufenthalt an der Universität. Zur Zeit sind zwei Mutsuko-Ayano-Stipendiaten aus der Osaka-Gakuin Universität (Osaka) in Trier. Bisher wurden 26 Japanerinnen und Japaner durch den Mutsuko Ayano Fonds gefördert, der vom Freundeskreis der Universität Trier verwaltet wird. Der erste Stipendiat Kazuhiko Tamura (1985/86) ist heute Professor für Germanistik an der Kwansei Gakuin Universität und hat insgesamt drei Sommerkurse in Trier abgehalten. Die zweite Stipendiatin Akiko Hayashi (1986/87) hat nach Abschluss ihres Stipendienjahres ihr Studium (Germanistik) an der Universität Trier fortgesetzt und im Sommer 1991 mit erfolgreicher Promotion abgeschlossen. Sie ist heute Professorin an der Tokyo Gakugei Universität, mit der die Universität Trier seit 1998 einen Partnervertrag unterhält.

 

4. Gedenkfeier

Bereits zum vierten Mal gedenken in diesem Jahr Professoren, Studenten, Mitglieder des Freundeskreises der Universität Trier und des Rotary Club sowie Bürger der japanischen Studentin. 1984 fand an der Universität Trier ein japanischer Tag statt. Gedenkfeiern wurden auch zum 10. und 15. Todestag abgehalten.