Japanologie trauert um Prof. Dr. Satoshi Oide

Am 21. April diesen Jahres ist Prof. Dr. Satoshi Oide verstorben

Vor 38 Jahren, oder in der Terminologie einer mittelalterlichen Astronomie bzw. Astrologie vor zwei Mondknoten, reiste er nach Deutschland zu Professor Haubst nach Mainz. Diese Reise hat die Schicksale der deutschen und japanischen Gemeinschaft von Cusanus-Forschern vielleicht wie keine zweite beeinflusst. Sie zog eine große Blüte der japanischen Cusanus-Forschung nach sich. Sie führte dazu, dass das Cusanus Institut in Mainz und Trier immer wieder Kollegen aus Japan, nicht zuletzt Herrn Yamaki in den 80er Jahren, beherbergen und von ihnen lernen durfte. Auf jedem der großen internationalen Symposien der deutschen Cusanus Gesellschaft waren Vertreter der japanischen Gesellschaft als Referenten und Diskutanten zu Gast. So ist es weit mehr als ein bloßer Zufall, dass im November 2014 zu Ehren von Herrn Professor Oide und in seiner Anwesenheit die erste Cusanus-Tagung der japanischen Cusanus-Gesellschaft im Geburtshaus des Nikolaus von Kues stattgefunden hat, organisiert von der Cusanus Hochschule in Gründung.

Die Japanologie der Universität Trier ist Herrn Professor Oide in vielerlei Hinsicht verbunden: so konnte eine sehr großzügige Spende zur Vorstellung und Verbreitung der japanischen Sprache und Kultur durch Monographien mit Schwerpunkt auf Linguistik und Japanisch als Fremdsprache genutzt werden. Insgesamt sind dabei seit 2003 zwölf Publikationen zur japanischen Sprache erschienen, die auch im Unterricht eingesetzt werden.

Professor Satoshi Oide wurde im Jahre 1926 in Hokkaido, Japan, geboren. Mit Prof. Chikatsugu Iwasaki übersetzte er die Schrift "De docta ignorantia" des Cusanus ins Japanische - eine epochemachende Tat für die japanische Cusanus-Forschung. Weitere Übersetzungen verschiedener cusanischer Werke, u.a. „De possest“, folgten. 1963 übernahm Prof. Oide einen Lehrstuhl für europäische Philosophie an der technischen Universität Muroran, während er gleichzeitig noch an der Universität Hokkaido lehrte. Von 1966 bis 1967 war Satoshi Oide bei Prof. Rudolf Haubst am Cusanus-Institut in Mainz - ein prägender und folgenreicher Aufenthalt. Genannt sei nur der daraus resultierende gewichtige Aufsatz in MFCG 8 (1970) „Über die Grundlagen der cusanischen Konjekturenlehre“. Seit der Gründung der japanischen Cusanus-Gesellschaft im Jahre 1981 hat er bis 1997 das Amt des Präsidenten wahrgenommen. Prof. Dr. Satoshi Oide schenkte dem Institut für Cusanus-Forschung um die Jahrtausendwende eine beträchtliche Summe, um die Arbeit des Institutes zu unterstützen. Bald gab es erste Überlegungen, das Geld in eine Stiftung zu verwandeln. Eine endgültige Satzung konnte am Tag der Vollendung des cusanischen Hauptwerkes "De docta ignorantia" im Jahre 1440, dem 12. Februar 2003, von dem damaligen Vorsitzenden der Cusanus-Gesellschaft, Herrn Dr. Gestrich, dem damaligen Direktor des Institutes, Herrn Prof. Reinhardt, und von Harald Schwaetzer als dem Stiftungsbevollmächtigten und damaligen Cusanus-Dozenten, in Rücksprache mit Prof. Oide unterzeichnet werden.

Die Gründungsurkunde der "Satoshi Oide-Stiftung zur Förderung des Institutes für Cusanus-Forschung" wurde am 1. Juli 2003 dem Vorstand der Stiftung übergeben. An dieser Stelle sei erwähnt, dass die Stiftung ihre finanziellen Zuwendungen ausweiten konnte vor allem durch weitere Zustiftungen von Prof. Dr. Klaus Reinhardt, dem em. Direktor des Cusanus Instituts und langjährigem Vorsitzenden der Stiftung.

Prof. Dr. Kazuhiko Yamaki schrieb in den "Litterae Cusanae" 1 (2001) S. 86: „Ohne Herrn Satoshi Oide wäre es überhaupt nicht vorstellbar, daß heute in Japan die Forschung zu Nikolaus von Kues so aktiv und vielseitig betrieben wird."

Oides geistiges Vermächtnis – ein Buch zur astronomischen Theologie des Cusanus, geschrieben in kalligraphischen Bildern in einer Synthese aenigmatischen und künstlerischen Denkens – wird von Kazuhiko Yamaki und Harald Schwaetzer in den Druck gegeben werden.

Wer Satoshi Oide bei seiner Darbietung eines klassischen Rakugo-Stückes an der Universität Trier oder auf der Tagung in Bernkastel-Kues im November 2014 erlebte, fand in ihm eine gelebte coincidentia oppositorum: Aus einem gebeugten Körper sprach die unbeugsame Heiterkeit des Geistes und aus seinen dunklen Augen strahlte die Helle erfahrener Weisheit.

Harald Schwaetzer und Andreas Regelsberger