Amt für Wehrgeophysik in Traben - Trarbach vor dem Aus ?

Projektbericht über mögliche Folgen einer Standortkonversion in der Verbandsgemeinde Traben-Trarbach an Ministerpräsident Kurt Beck überreicht.

Dem Ministerpräsidenten von Rheinland-Pfalz, Kurt Beck, wurde am 26. Mai 2004 in Mainz eine Studie zu den ökonomischen Chancen und Risiken der Schließung von Bundeswehrstandorten (Standortkonversion) überreicht. Entstanden ist die Studie aus einer Zusammenarbeit zwischen der Universität Trier und der Verbandsgemeinde Traben-Trarbach. Die Studie konzentriert sich bei ihrer Wirkungsanalyse auf das in Traben-Trarbach angesiedelte Amt für Wehrgeophysik. Sie stützt sich jedoch zugleich auf ein generelles Konzept der Standortkonversion, das sich somit für den Erkenntnistransfer auf andere militärische Liegenschaften anbietet, welche von dieser Herausforderung derzeit betroffen sind oder zukünftig betroffen sein werden.

Auch fast 15 Jahre nach dem Ende des Kalten Krieges wird die teilweise oder vollständige Schließung von militärischen Standorten von den jeweiligen Kommunen überwiegend mit großer Sorge betrachtet. Insbesondere in Zeiten prekärer Haushaltslagen zählen solche militärischen Stützpunkte in strukturschwachen Räumen oft zu den letzten verlässlichen Quellen einer lokalen Wirtschaftskraft. Deswegen sind entsprechende Anstrengungen von den kommunalen Entscheidungsträgern gefordert, um diesbezügliche Einbußen in einem überschaubaren Zeitrahmen zumindest zu kompensieren. Darüber hinaus ist es im Idealfall geboten, die Wirtschaftskraft der Gemeinde durch tragfähige zivile Anschlussnutzungen für die freiwerdenden militärischen Einrichtungen über den Status ex ante hinaus zu stärken.

An der Mittelmosel droht ein solches Schließungsszenario in die Tat umgesetzt zu werden. Das in Traben-Trarbach stationierte Amt für Wehrgeophysik, mit über 300 Beschäftigten der zweitgrößte Arbeitgeber in der ansonsten von Tourismus und Weinbau geprägten Gemeinde, wurde bereits in der Vergangenheit durch Änderungsmaßnahmen der Bundeswehr personell ausgedünnt. Für den Bürgermeister der Verbandsgemeinde Traben-Trarbach, Ulrich Weisgerber, deutet vieles darauf hin, daß dieser Teilabzug nur das Vorspiel für die vollständige Schließung des Amtes darstellt.

Zur Ermittlung der damit verbundenen Folgen wurde in Kooperation mit der Universität Trier ein Konversionsprojekt durchgeführt. Trotz eines nur sehr bescheidenen Finanzierungsspielraums der Verbandsgemeinde und trotz der chronischen Unterfinanzierung der Universität konnte das Vorhaben realisiert werden. Denn der Fachbereich IV (Wirtschafts- und Sozialwissenschaften) der Universität verfügt über ein hochwertiges Markenzeichen: Während an anderen Universitäten im Zuge der aktuellen Hochschulreform um eine stärkere Praxisorientierung des Studiums gerungen wird, ist diese Forderung in Trier bereits seit Jahrzehnten durch die sogenannte „Praxisbezogene Studienform“ (PBSF) sowohl im Grund- als auch im Hauptstudium verwirklicht. Eine solche PBSF bietet den Studierenden im Rahmen einer betreuungsintensiven zweisemestrigen Veranstaltung die Möglichkeit, theoriegestützt Lösungskonzepte zu ökonomischen Problemen aus der Praxis zu erarbeiten.

Vor diesem Hintergrund wurde unter der Leitung von Professor Dr. Dietrich Dickertmann und seinen beiden Mitarbeitern, Dr. Peter T. Baltes und Dipl.-Volkswirtin Annemarie Leiendecker, zusammen mit Studierenden der Wirtschaftswissenschaften ein Kooperationsprojekt durchgeführt, das sich mit den kommunalen Auswirkungen einer Standortreduktion bzw. Standortauflösung beschäftigt. Im Zentrum der Untersuchung stehen die Folgen aus den unterschiedlichen Schließungsszenarien für die demografische und wirtschaftliche Entwicklung der Verbandsgemeinde Traben-Trarbach, den lokalen Immobilienmarkt, das gesellschaftliche Umfeld und schließlich den Gemeindehaushalt. Zugehörige quantitative Ergebnisse konnten zum einen durch die Aufbereitung von Datenmaterial ermittelt werden, welches die Verbandsgemeinde der Projektgruppe zur Verfügung stellte. Zum anderen wurde eine umfangreiche Fragebogenaktion unter den Beschäftigten des Amtes durchgeführt. Dank einer großen Unterstützung seitens der betroffenen Stellen führte die Befragung zu einem überdurchschnittlich guten Rücklaufquote von rund 72 Prozent, so dass sich für die verschiedenen Schließungsszenarien recht präzise Prognosen für die Auswirkungen in der Kommune treffen lassen.

Insgesamt hat die Untersuchung nicht nur bei der Projektgruppe das Wissen um die regionalen Bezüge der Standortkonversion vertiefen können, sondern auch wertvolle Einblicke in die Tagespolitik kommunaler Entscheidungsträger vermittelt. Auf Seiten der Verbandsgemeinde wurde die Studie als „eine umfassende und aussagekräftige Dokumentation und Prognose hinsichtlich der Auswirkungen einer eventuellen Schließung des Amtes“ bewertet. So führte U. Weisgerber aus, dass die Verbandsgemeinde daraus wesentliche Anregungen für politische Gespräche mit dem Bundesverteidigungsministerium entnehmen könne. Die Landrätin des Landkreises Bernkastel-Wittlich, Frau Beate Läsch-Weber, unterstrich die Bedeutung des Amtes als wichtiger Arbeitgeber in der weiteren Region; „ein Ersatz dafür ist nicht absehbar“. Doch die Studie erfüllt nicht nur für die unmittelbar lokale-regionale Ebene eine zweckdienliche Funktion, sondern kann auch als Analysekonzept sowie als Strukturierungshilfe für Konversionsaufgaben anderer Gemeinden dienen. Somit sind die in der Studie zusammengetragenen Ergebnisse für die Konversionspolitik des Landes und durchaus auch für eine weitere Öffentlichkeit von Relevanz. Demzufolge betonte Ministerpräsident K. Beck, als er die Studie mit Dank entgegennahm: „Jenseits wichtiger Standortentscheidungen aus sicherheitspolitischen Gründen sind auch die regionalpolitischen Bezüge zu beachten. Deswegen werden wir Anfang Juli 2004 die Ergebnisse der Untersuchung auf die Tagesordnung der nächsten Sitzung des Konversionskabinetts setzen, um daraus notwendige Schlussfolgerungen für die Konversionspolitik des Landes zu ziehen.“ F. Reuhl