Geschlechtergleichstellung durch Betreuung als Ware?

Die Frauenbewegung der 70er Jahre skandalisierte eine Ideologie, die Frauen (und Männer) auf bestimmte Tätigkeiten und auf damit verbundene Eigenschaften festlegte. Diese Verknüpfung ist heute unter dem Versprechen einer marktvermittelten Verteilung von Sorgearbeit weitgehend aufgelöst. Die Care-Arbeit (Betreuung von Kindern, Kranken und Pflegebedürftigen) und die mit dieser Marktförmigkeit verbundenen Schwierigkeiten sind aber weitgehend an den Frauen hängen geblieben. Gleichwohl scheint es für diese Verknüpfung keinen Verantwortlichen mehr zu geben, denn das Ganze geschieht im Namen der Gleichstellung von Frauen.

Im Rahmen der Klara-Marie-Faßbinder Gastprofessur Rheinland-Pfalz spricht Dr. Tove Soiland am Mittwoch, den 14. Dezember an der Universität Trier zum Thema:

Der Markt soll‘s richten!
Die Warenförmigkeit von Care als Weg zur Gleichstellung der Geschlechter?

Dr. Tove Soiland

Mittwoch, 14. Dezember 2016 um 14 Uhr in B 18

Wir sind damit mit einer neuen Form von Ideologie konfrontiert, die in dem Sinn als neopatriarchal zu bezeichnen ist, als sie nicht mehr über offen repressive Geschlechterideologien operiert. Dies entspricht der Zeitdiagnose des slovenischen Philosophen Slavoj Žižeks, wonach wir in einem postideologischen Zeitalter leben, in welchem eine biopolitische Verwaltung „der Sachen selbst“ an die Stelle politischer Ideale getreten ist. Dass aus einer sorgenden Tätigkeit to care eine Nomen Care geworden ist, das damit auch zu einer Ware wie jede andere werden kann, entspricht diesem Phantasma einer rein formalen Handhabbarkeit. Der Vortrag fragt, an welche unbewussten Phantasien dieses Phantasma anknüpfen kann.