Jahr der Geisteswissenschaften 2007: Das ABC des Machens: Konservieren-Präsentieren-Dokumentieren

Kunsthistoriker/innen in Aktion: Praxisnahe Ausbildung mit kostbaren Objekten

Früher galt es einmal als Fach für höhere Töchter: Heute ist die Kunstgeschichte ein Fach, das qualifizierte Experten mit beruflichen Perspektiven ausbildet. Museums- und Ausstellungserfahrungen sind ebenso gefragt wie theoretisches Expertenwissen. Deshalb legt das Fach Kunstgeschichte an der Universität Trier in der Ausbildung seiner Studierenden einen erheblichen Schwerpunkt auf die Qualifizierung für den Beruf. 2007 organisiert Kustos Stephan Brakensiek gemeinsam mit Studierenden zwei berufsrelevante Projekte in Zusammenarbeit mit außeruniversitären Einrichtungen: dem Zeppelin-Museum Friedrichshafen und der Städtischen Galerie Paderborn.

 

Wie solche Projekte mit großem Engagement umgesetzt werden, war in einem Gespräch mit den Trierer Kunsthistorikern Prof. Dr. Ing. Dr. phil. Andreas Tacke und Dr. phil. Stephan Brakensiek zu erfahren. Viele Details sind zu beachten, viel Zeit müssen die Studierenden und ihre Dozenten investieren, bis eine Ausstellung schließlich zustande kommt. Doch in diesem Jahr 2007 ist es endlich soweit: Seit rund fünf Semestern laufen die Vorbereitungen. Zwei Ausstellungsprojekte mit den Museen in Paderborn und in Friedrichshafen wurden gemeinsam mit Studierenden von der Basis auf konzipiert und realisiert.

"Gestochen scharf!" ist der Titel der Ausstellung in Friedrichshafen, die hervorragende Reproduktionsgraphiken nach Kunstwerken vom 16. bis zum 19. Jahrhundert aus der Graphischen Sammlung des Faches vom 19. Oktober 2007 bis zum 20. Januar 2008 zeigen wird. Die Sammlung ist ein Kleinod und Teil der Universitätssammlungen. In ihr befinden sich wertvolle Stiche alter Meister sowie eine exquisite Sammlung japanischer Farbholzschnitte und chinesischer Druckgraphik. Die Nachkommen eines Sammlers haben diese vor einigen Jahren der Universitätsbibliothek verkauft, die sie dem Fach Kunstgeschichte als Dauerleihgabe überließ. Bisher wurden nur einmal einige wenige der kolorierten und sensiblen Arbeiten in der Universitätsbibliothek ausgestellt. Sie sind einer der erlesenen Schwerpunkte der Kunsthistorischen Sammlung. Eine Selektion von mehr als 100 der japanischen Holzschnitte wird unter dem Titel "Szenen auf der fließenden Welt. Meisterwerke des japanischen Farbholzschnitts" ab August 2007 (Vernissage 10. August) in Paderborn gezeigt.

Ein weiteres Ausstellungsprojekt mit druckgraphischen Blättern aus der Sammlung wird derzeit für das Jahr 2008 im Rahmen einer Kooperation mit dem Nationalmuseum in Luxemburg vorbereitet und ab Oktober des kommenden Jahres dann dort gezeigt.

 

Stephan Brakensiek arbeitet seit 2 ½ Jahren mit rund zwanzig Studierenden an der Vorbereitung der Ausstellungen. Sie lernen das "ABC des Machens" einer solchen Schau. Dieses beginnt beim Sichten der Objektbestände, dem Bewerten, dem Entwickeln eines Konzeptes, bis zum Auswählen der Graphiken. Wenn diese Schritte getan sind, geht es an das "Konservieren": Die Graphiken erhalten ein Passepartout, sie werden montiert, photographiert und in einer Datenbank erfasst mit dem Ziel, auch im Internet präsentiert zu werden. Ein Katalog mit Fotos und Texten wird für die jeweilige Ausstellung erstellt. Letzteres ist der kunsthistorisch-theoretische Teil eines jeden Ausstellungskonzeptes. Die Studierenden erarbeiten und schreiben die Texte für den Katalog zusammen mit ihrem Seminarleiter und lernen im Rahmen der Vorbereitung den Umgang mit Kunstwerken direkt am Original. Dazu werden die einzelnen Graphiken dokumentiert, beschrieben und soweit möglich datiert und einem Künstler zugeschrieben.

Doch mit dem Schreiben der Texte und der Reproduktion der Abbildungen ist es nicht getan: Der Katalog soll auch publiziert werden. Dazu gehören dann auch Verhandlungen zu Druck, Kosten, Geldbeschaffung und vielem mehr. Alle diese Schritte werden gemeinsam mit den Studierenden erarbeitet.

 

Der letzte Schritt ist schließlich die Museumspraxis selbst. In diesem Jahr 2007 wird die gesamte Arbeitsgruppe nach Friedrichshafen fahren und ein museumspraktisches Seminar vor Ort mit Einsichten in den Museumsalltag haben. Dazu gehören die Hängung der Bilder sowie die Beschriftung mittels Tafeln für den Betrachter der anschließenden Schau. Auch versicherungstechnische Aspekte müssen vor Ort geklärt werden.

Dann folgt die Vorbereitung der Vernissage: Plakate werden entworfen und gedruckt, die Pressearbeit wird in Zusammenarbeit mit der Pressestelle der Universität koordiniert, die Texte werden geschrieben und die Einladungskarten an ein spezielles Publikum verschickt.

 

Konservatorische Probleme der Sammlung

Leider hat die Graphische Sammlung innerhalb der Universität erhebliche konservatorische Probleme aufgrund der Lagerung der Kunstobjekte in einem derzeit nicht klimatisierten und zudem noch viel zu beengten Raum mit Metalllagerstätten. "Keine ideale Lösung", so Kustos Brakensiek. Der überwiegende Teil der Kunstwerke wartet zudem noch auf seine Katalogisierung, am besten im Rahmen weiterer Ausstellungsprojekte mit den Studierenden.

Ein Traum des Faches Kunstgeschichte liegt leider noch in weiter Ferne: Die Unterbringung und wechselnde Teilpräsentation der Sammlung in geeigneten Räumen im A-Gebäude der Universität.