Tagung zur politischen Repräsentation von Fremden und Armen: Schwache Interessen im Fokus

Forschungsergebnisse aus dem Sonderforschungsbereich - SFB 600

"Integration" und "Unterschicht" sind Schlagwörter, die in politischen Debatten über "Fremdheit und Armut" immer wieder zu hören sind. Auf der Tagung "Inklusion durch Repräsentation" vom 1. bis 3. März 2007 an der Universität Trier diskutieren renommierte Politik- und Sozialwissenschaftler die Problematik sowohl aus theoretischer als auch aus praktischer Sicht. Interessierte sind herzlich zur Diskussion über eine Kernfrage der Demokratie eingeladen: Kann die Politik randständige Gruppen wirksam einbinden?

 

Thematisiert werden Lebenslagen der Migranten in Deutschland sowie der vermeintlich neuen sozialen Schicht des „abgehängten Prekariats“. Die gesellschaftliche Einbindung beider Gruppen erscheint problematisch, nicht zuletzt aufgrund ihrer Distanz gegenüber demokratischen Institutionen. Unzufriedenheit, Apathie, Distanz und mangelnde Teilnahme auf Seiten der Betroffenen sehen viele Kommentatoren als Ergebnis einer unzureichenden politischen Repräsentation der Belange von Fremden und Armen. Fragen, ob und wie die Politik hier Abhilfe schaffen kann, sind daher Gegenstand dieser Tagung.

Neben klassischen Ansätzen (Federalist Papers, John Stuart Mill, Pluralismustheorie) werden auch neue Repräsentationstheorien wie „deliberative Demokratie“ oder „symbolische Repräsentation“ daraufhin befragt, welche Verfahren eine möglichst gelungene Repräsentation schwacher Interessen gewährleisten. Darüber hinaus sind auch praktische Erfahrungen in neueren Debatten und Politikprozessen der Bundesrepublik Thema der Tagung (der neue „Armutsdiskurs“, Gesundheits- sowie Integrationspolitik).

 

Das Projekt C 7 im SFB 600

Im Rahmen des politikwissenschaftlichen Teilprojekts „Die politische Repräsentation von Fremden und Armen“ unter der Leitung von Prof. Dr. Winfried Thaa setzt sich der SFB 600 mit dieser Thematik auseinander. Im Zentrum der Arbeiten steht dabei die Frage, welche politischen Institutionen und Verfahren eine vergleichsweise hohe Repräsentationsleistung gegenüber Fremden und Armen aufweisen. Insbesondere untersuchen die Forscher die Auswirkungen beratschlagender (deliberierender) Expertengremien („Hartz-Kommission“ und „Süssmuth-Kommission“) auf die Repräsentation der Interessen von sozial Schwachen und Migranten.

 

Im Gegensatz zu den Annahmen der deliberativen Demokratietheorie und ihres Hauptvertreters Jürgen Habermas fallen die bisherigen Ergebnisse eher ernüchternd aus. Zwar sorgte vor allem die Arbeit der Süssmuth-Kommission letztlich für eine Versachlichung der Diskussion. Vieles spricht aber dafür, dass beratschlagende Konsensgremien darüber hinaus auch eigene Ausschlussmechanismen entwickeln. Nicht-ökonomisierbaren Interessen und solchen Anliegen, die sich nur schwerlich mit dem Wohl der Mehrheitsbevölkerung rechtfertigen lassen, wird in diesen Politikformen kaum Gehör geschenkt. Nora Blaes und Dr. Markus Linden, Mitarbeiter im Forschungsprojekt, sehen damit eine ihrer Ausgangshypothesen bestätigt: Sowohl auf der inhaltlichen als auch auf der symbolischen Ebene repräsentieren Parlamente, Verbände und Parteien schwache Interessen vergleichsweise wirksamer als deliberative Gremien.

Der Bedeutungszuwachs von Expertenkommissionen, auch auf europäischer Ebene, könnte deshalb eine weitergehende Vorherrschaft wirtschaftlicher Parameter zur Folge haben. Damit einhergehend wäre wohl kaum mit einer Lösung des konstatierten Repräsentationsdilemmas für Fremde und Arme zu rechnen.

 

Ansprechpartner:

Dr. Markus Linden

SFB 600 "Fremdheit und Armut", Teilprojekt C7

Tel.: 0049 – 651 201 2109

E-Mail: lindenm@uni-trier.de

Homepage: www.sfb600.uni-trier.de