Jetzt beginnt die Lehre der Zukunft

Die Corona-Pandemie war ein Booster für die digitale Lehre. Studierende und Lehrende haben die Vor- und Nachteile kennengelernt. Doch wie geht es nun weiter?

Die Universität Trier hat aufgerüstet. Gute Lehre braucht vor allem gute Dozentinnen und Dozenten. Fast ebenso wichtig sind die passenden Rahmenbedingungen. Gleichzeitig muss die technische Ausstattung stimmen. Und es braucht Menschen, die Lehrende bei der Umsetzung von Ideen unterstützen. „Wir sind in vielen Punkten an der Universität Trier – auch im Vergleich zu anderen – sehr gut aufgestellt“, sagt Michael Buhl. Er ist an der Universität Trier der Mann für alle Fragen der digitalen Lehre. Gemeinsam mit seinem Kollegen Dr. Ansgar Berger aus dem Bereich Hochschuldidaktik ist er einer der gefragtesten Ansprechpartner. Die beiden Mitarbeiter der „Arbeitsstelle gute und innovative Lehre“ (AGIL) bieten Fortbildungen für Lehrende an, beraten aber auch individuell.

„In Zukunft werden wir immer häufiger digitale Elemente in der Lehre sehen, die Vorlesungen und Seminare sinnvoll unterstützen können“, ist sich Michael Buhl sicher. Während der Corona-Pandemie haben viele Lehrende beispielsweise den Einsatz von Videos und Videokonferenzen-Anwendungen, wie Zoom, in ihren Vorlesungen und Seminaren zu schätzen gelernt. Manchmal sitzt ein Experte für ein spezielles Thema, das in einem Seminar behandelt wird, in einer ganz anderen Ecke Deutschlands oder der Welt. Wenn er oder sie einen Videovortrag zu dem Thema aufgenommen hat, kann dieser Studierenden zur Verfügung gestellt werden. Oder die Person wird per Videokonferenz live in das Seminar zugeschaltet. Für größere Vorlesungen bieten sich unter anderem Umfrage- und Abstimmungstools an, sagt Buhl. Beispielsweise können sich Lehrende damit rückversichern, dass die Studierenden den Lehrstoff verstanden haben. Darüber hinaus lassen sich damit Meinungsbilder einholen, die wiederum Grundlage für eine anschließende Diskussion sein können.

„Die digitalen Semester waren zu Beginn wie ein intensives Trainingslager für eine vollständig digitale Lehre. Dabei standen zunächst technische Fragen im Vordergrund zum Aufbau einer funktionierenden Infrastruktur, später didaktische Herausforderungen zur Optimierung der digitalen Lehre. Dass beides gelungen ist – eine gut funktionierende IT-Infrastruktur und innovative digitale Lehrkonzepte zu entwickeln – kann als ein Gewinn beziehungsweise „positive Lehre“ aus Corona verbucht werden“, sagt Universitätspräsident Prof. Dr. Dr. h.c. Michael Jäckel. „Für die Universität Trier ist dieser Prozess nicht abgeschlossen. Für Lehrende und Lernende werden weiterhin nachhaltige Angebote zum Erwerb digitalisierungsbezogener Kompetenzen entwickelt.“

Eines dieser Angebote ist das Zertifikatsprogramm „Lehre digital“. Die ersten Lehrenden haben es im Sommersemester 2022 erfolgreich abgeschlossen. Auch im Wintersemester ist die Nachfrage nach den Veranstaltungen groß. Die Workshops stehen allen Lehrenden offen. Wer nicht das ganze Programm durchlaufen möchte, kann auch Einzelveranstaltungen besuchen. In vier Grundlagenveranstaltungen wird über Einsatzmöglichkeiten, Konzeption und technische Aspekte der digitalen Lehre gesprochen. In Vertiefungseinheiten kann zum Beispiel das Sprechen vor der Kamera geübt werden. Der am meisten nachgefragte Workshop im Jahr 2022 beschäftigte sich mit Erklärvideos. Seit Kurzem gibt es Trickboxen zum Ausleihen, mit denen Lehrende und Studierende professionell Erklärvideos produzieren können.

Hoher zeitlicher Aufwand, aber lange Nutzbarkeit

In der Corona-Pandemie haben Lehrende der Universität Trier eine ganze Bandbreite digitaler Lehrmaterialen erstellt, weiß Michael Buhl. „Doch einige davon sind schon nicht mehr aktuell, weil sich zum Beispiel die Rechtsprechung geändert hat. Das ist einer der Nachteile von digitalen Materialien. Daher eignen sich besonders Grundlagenveranstaltungen mit mehr oder weniger gleichbleibenden Inhalten für den Einsatz von digitalen Lehrmitteln oder man gestaltet beispielsweise Videoreihen so, dass man später einzelne Kapitel aktualisieren kann.“ Generell sei mit dem Erstellen digitaler Materialien ein hoher Aufwand verbunden, doch der amortisiere sich durch die Wiederverwendbarkeit.

Der Altphilologe Jun.-Prof. Dr. Diego De Brasi will in seiner Einführungsveranstaltung zum griechischen Epos zukünftig auf eine Mischung zwischen Online- und Präsenzlehre setzen. Die Lehrveranstaltung ist eine von vier durch den „Teaching Incentive Fund“ geförderten Projekten (siehe Infokasten). Was De Brasi vorhat, nennt sich Inverted Classroom. Normalerweise wird in einer Lehrveranstaltung im Plenum ein Stoff behandelt, der danach von jedem Einzelnen vertieft beziehungsweise nachbereitet wird. Der Inverted Classroom dreht dieses Prinzip um. Jeder und jede erarbeitet sich zuerst den Stoff selbst, danach wird dieser gemeinsam besprochen. Dadurch können Studierende mit unterschiedlichem Vorwissen gegebenenfalls Wissenslücken schon im Vorfeld der Lehrveranstaltung schließen. De Brasi möchte den Studierenden zur Erarbeitung des Stoffes unter anderem Quiz, Audio-Interviews und virtuelle Escape Games zur Verfügung stellen.

Neues Zuhause für innovative Lehre

In solchen Blended-Learning-Formaten, die Online- und Präsenzlehre vereinen, sieht auch Ansgar Berger die Zukunft der Lehre. „Ich hoffe, es wird mehr Veranstaltungen geben, welche die Vorteile aus beiden Welten nutzen.“ Für solche Seminare wurden an der Universität Trier mit Mitteln aus dem Digitalisierungsprogramm des Landes Rheinland-Pfalz „Future Learning Spaces“ geschaffen. Ausgestattet mit allerhand Technik lassen sich die Räume beispielsweise für Seminare nutzen, bei denen Arbeit in Kleingruppen stattfindet. Viele innovative Lehrkonzepte gehen weg vom Frontalunterricht. Studierende und Lehrende können in die Future Learning Spaces auch eigene Endgeräte mitbringen, die sich auf den bereitgestellten Monitoren und Whiteboards spiegeln lassen.

Einen anderen modernen Lehr-Lern-Raum gibt es schon länger: das PhilLab. Es wird hauptsächlich für die Ausbildung angehender Lehrkräfte genutzt wird. Eben diese nehmen beim digitalen Lehren und Lernen als Multiplikatoren eine zentrale Rolle ein. Im Rahmen des seit 2019 laufenden Projekts TrigitalPro wurden für Lehramtsstudierende zu verschiedenen Querschnittsthemen digitale Lernmaterialien entwickelt.

Lernmaterialien werden von Dozentinnen und Dozenten an der Universität Trier auf unterschiedliche Plattformen wie StudIP, ILIAS oder Panopto hochgeladen. Doch welches Learning Management System eignet sich am besten? Braucht es ergänzend noch weitere Plattformen? Das evaluiert AGIL aktuell. Michael Buhl: „Wir wollen möglichst bedienungsfreundliche Lösungen für die Lehrenden, damit sie nicht viel Zeit in die Einarbeitung in neue Systeme investieren müssen, sondern sich auf die Lehre konzentrieren können.“

Kleine Boxen, die viel können: Seit 2022 gibt es im Lehr-Lern-Labor PhiLab Trickboxen zur Produktion von Erklärvideos.
Kleine Boxen, die viel können: Seit 2022 gibt es im Lehr-Lern-Labor PhiLab Trickboxen zur Produktion von Erklärvideos.

Teaching Incentive Fund

Erstmals im Sommersemester 2022 ausgeschrieben, fördert die Universität Trier ab sofort jährlich innovative Lehr- und Lernformate. Gefördert werden kann sowohl die Entwicklung von neuen Lehrveranstaltungen als auch die Weiterentwicklung bereits bestehender curricular verankerter Veranstaltungen beziehungsweise Module. Auch wer plant, für ein Lehrpilotprojekt einen Drittmittelantrag zu stellen, hat die Möglichkeit für die Vorbereitung eine Förderung zu erhalten. Pro Projekt können maximal 15.000 Euro für Sach- und Personalmittel beantragt werden. Antragsberechtigt sind Lehrende aller Fachbereiche und Fächer mit eigenständiger Lehrverantwortung.

Kontakt

Michael Buhl
Arbeitsstelle gute und innovative Lehre
E-Mail: buhl@uni-trier.de
Tel. +49 651 201-4738

Weniger Frontalunterricht, dafür mehr Arbeit in Kleingruppen - so sieht die Lehre der Zukunft aus.

Weniger Frontalunterricht, dafür mehr Arbeit in Kleingruppen - so sieht die Lehre der Zukunft aus.