Ein wissenschaftlicher Schatz im Papyrusmüll

In einer Lehrveranstaltung der Altertumswissenschaften machten Studierende überraschende Entdeckungen.

Papyrus

Goldreste entdeckt

Auf einigen Fragmenten entdeckten die Studierenden sogar Goldreste, die ebenfalls auf die einstige Verwendung als Mumienkartonnage hinweisen. Außerdem fanden die Studierenden mit Unterstützung ihrer Dozenten heraus, dass die Fragmentsammlung nicht aus einem einzigen historischen Fund stammt, sondern wahrscheinlich aus verschiedenen Orten Ägyptens zusammengetragen wurde.

„Einige hatten die Schachtel mit den Fragmenten schon scherzhaft als Papyrusmüll abgetan. Nicht nur wegen der Spuren von Gold, sondern vor allem angesichts der neuen Erkenntnisse könnte man sie nun ebenso gut als wissenschaftlichen Papyrusschnipsel-Schatz bezeichnen", so die beiden Dozenten, JProf. Dr. Patrick Reinard und Dr. Stefan Baumann.

Lebenswelt erschlossen

Tatsächlich ließen sich aus dem Papyrusmaterial auch zahlreiche Aspekte zur Lebenswelt der Antike erschließen. In der Lehrveranstaltung wurden sie thematisch vertieft, etwa durch Informationen zum Material Papyrus und seiner Herstellung, zum Papyrushandel und zu Prozessen der Wiederverwertung. Darüber hinaus wurden die verschiedenen Schriftformen unter Berücksichtigung der Schriftentwicklung und Paläographie betrachtet. Nicht zuletzt lernten die Studierenden auch Neues über die Mumifizierungstechnik sowie die religiösen Vorstellungen im alten Ägypten.

Trotz intensiver Bemühungen und Diskussionen konnte die Frage nach dem genauen Ursprung der Papyrusfragmente noch nicht geklärt werden. Somit wird die Schnipselsammlung in den nächsten Semestern Gegenstand weiterer Lehrveranstaltungen sein. Dann werden sich die Studierenden auch mit der dauerhaften Restauration und der Rekonstruktion von zusammengehörenden Fragmenten beschäftigen.

Mit diesen tausenden von kleinen Papyrus-Fragmenten beschäftigten sich die Studierenden der Altertumswissenschaften im Sommersemester.
Mit diesen tausenden von kleinen Papyrus-Fragmenten beschäftigten sich die Studierenden der Altertumswissenschaften im Sommersemester.

Kontakte

Dr. Stefan Baumann
Ägyptologie
Mail: baumannuni-trierde
Tel. +49 651 201-2441

JProf. Dr. Patrick Reinard
Papyrologie
Mail: reinarduni-trierde
Tel. +49 651 201-2503

Aus kleinsten Papyrusschnipseln erfuhren die Studierenden viele Informationen über das Leben im antiken Ägypten.

Aus kleinsten Papyrusschnipseln erfuhren die Studierenden viele Informationen über das Leben im antiken Ägypten.

Die ursprünglich aus dem antiken Ägypten stammenden Fragmente gehören zur Papyrussammlung der Universität Trier und waren über den Kunsthandel dorthin gelangt. Da das Material bisher noch nicht wissenschaftlich untersucht worden war, konnten 15 Studierende der Altertumswissenschaften erstmalig zahlreiche Forschungsfragen an diese historischen Hinterlassenschaften stellen und auch einige lösen. Dr. Stefan Baumann (Ägyptologie) und JProf. Dr. Patrick Reinard (Papyrologie) leiteten diese außergewöhnliche interdisziplinäre Übung im gerade beendeten Sommersemester.

Vier verschiedene Sprachen

In wochenlanger Fleißarbeit galt es zunächst, die Papyrusfragmente zu sortieren. Die Studierenden sichteten sie nach komplett erhaltenen Text- und Buchstabenresten und erlebten eine erste Überraschung. Auf den Fragmenten waren mindestens vier verschiedene Sprachen und Schriftformen überliefert: Hieratisch, Demotisch, Griechisch und Arabisch. Auf einigen Fragmenten ließen sich auch wahrscheinliche Hinweise auf die koptische Sprache finden. Die Papyrusfragmente in der unscheinbaren Schachtel stammen folglich aus ganz unterschiedlichen Zeiträumen. Besonders bemerkenswert sind auch zahlreiche Stücke mit Schriftresten in roter Farbe. Dabei handelt es sich oftmals um Überschriften, deren Bedeutung farblich vom üblicherweise schwarzen Fließtext hervorgehoben wurde.

Eine unerwartete Entdeckung war zudem, dass Papyrusfragmente mit bemaltem Gips, Leinen, Lehm und Pflanzenteilen durchmischt waren. Daraus lässt sich schließen, dass die Papyri zur Mumifizierung verwendet wurden. Eindeutig ist dies bei farbigen Gipsstücken, die als Reste einer Totenmaske gedeutet werden können. Insgesamt handelt es sich bei dem Befund großenteils um sogenannte Mumienkartonnage, die im griechisch-römischen Ägypten (ca. 3. Jh. v. Chr. bis in die spätrömische Zeit) zur Bestattung verwendet wurde. Zur Herstellung dieser Kartonnage wurden die zuvor als Schreibmaterial genutzten Papyri gewissermaßen recycelt und schützend auf den Körper eines Verstorbenen gelegt.