Guter Start mit "de Gaulle"

Zweisprachige Vortragsreihe mit deutsch-französischen Themen wird fortgesetzt:

De Gaulle-Experte sprach in Trier

Die Premiere war gelungen: Prof. em. Dr. Peter Schunck von der Universität Mainz/Germersheim sprach im voll besetzten neuen Veranstaltungssaal der VHS. Das Thema "De Gaulle und die Deutschen: Revision eines Vorurteils" – "De Gaulle et les Allemands: révision d’un préjugé" lockte weit über 100 Besucher in die repräsentativen Räumlichkeiten im neu restaurierten Palais Walderfdorff. Über zwei Jahrzehnte haben Universität, Deutsch-Französische Gesellschaft und Französische Garnison in Trier gemeinsam eine zweisprachige Vortragsreihe ausgerichtet zu deutsch-französischen und speziell französischen Themen – unter Leitung des Romanisten Prof. Dr. Karl-Heinz Bender. Nach Abzug der französischen Garnison wird die Reihe jetzt erstmals fortgesetzt in der gemeinsamen Trägerschaft von Universität, Deutsch-Französischer Gesellschaft und Volkshochschule Trier.

 

Die "Revision eines Vorurteils" – so der Untertitel – war Schuncks erklärte Absicht: Die Deutschen begegneten de Gaulle lange mit Argwohn, sogar mit Ablehnung trotz seiner großen Verdienste um Deutschland. und die deutsch-französische Freundschaft. Obwohl sich de Gaulle bei seinem Deutschlandbesuch 1962 und mit der Unterzeichnung des Elysée-Vertrags als Freund der Deutschen gezeigt hatte, blieb ihm gegenüber hierzulande viel Skepsis. Auch heute noch ist sein Bild unscharf. Dabei böte schon allein de Gaulles umfangreiches literarisches Werk Einblick in seine Persönlichkeit. Doch von seinen zahlreichen Büchern ist auf dem aktuellen deutschen Buchmarkt kein einziges zu finden, wie Schunck hervorhob. Nur wenige wurden je übersetzt, heute sind sie vergriffen. Es wirkt wie eine Ironie des Schicksals, dass ein frühes Werk de Gaulles zur Berufsarmee ausgerechnet von Hitler mit großem Interesse gelesen wurde.

 

Schunck machte deutlich, dass gerade die Auseinandersetzung mit dem Leben de Gaulles geeignet ist, die Vorbehalte der Deutschen zu entkräften: De Gaulle musste sich sein ganzes Leben lang mit Deutschland und den Deutschen auseinandersetzen, ein Umstand, der konstitutiv für seine Karriere wurde. Zwar hätten viele Erfahrungen des Generals seine Ablehnung wecken können: der I. Weltkrieg, den er als Frontkämpfer erlebte, seine fast drei Jahre dauernde Kriegsgefangenschaft in Deutschland und schließlich der II. Weltkrieg. Doch Schunck konnte belegen, dass sich de Gaulle vor allem mittels seiner exzellenten Deutschkenntnisse immer um ein nuanciertes Bild seiner Nachbarn bemüht habe, das ihn zu weitsichtigen Urteilen befähigte. Stets unterschied der General zwischen dem deutschen Volk, dem er Bewunderung entgegenbrachte, und dessen "maßlosen Führern".

 

Für mache Aspekte der Politik de Gaulles, die in Deutschland auf Kritik gestoßen waren, warb Schunck um Verständnis. Sein Widerstand gegen einen deutschen Zentralstaat z.B. müsse gesehen werden vor dem Hintergrund seiner Verantwortung als französischer Staatschef.

 

Schunck hob hervor, dass de Gaulle sich bereits ab 1944/45 um Kontakt zu den Deutschen bemüht und ihnen in Begegnungen Respekt entgegengebracht habe – ein auf Seiten der Alliierten untypisches Verhalten, das de Gaulle in Paris sogar Schwierigkeiten eingebracht habe. Bereits ab 1954 habe der General "das Recht Deutschlands auf Wiederherstellung der Einheit" betont. Bei seiner Rückkehr an die Macht habe er von einem besonderen freundschaftlichen Verhältnis gesprochen, das seiner Meinung nach zwischen Deutschen und Franzosen herrschen solle.

 

Bezüge zur heutigen Situation verdeutlichen, wie klar de Gaulle die Problematik eines integrierten Europas gesehen habe. Der General habe immer den Wert der Nationen erkannt. Ein Wert, den Schunck unterrepräsentiert sieht angesichts der aktuellen Auseinandersetzung um die Einfuhr britischen Rindfleischs gegen den Willen einzelner Mitgliedsstaaten der EU.

 

Abschließend rundete Schunck seinen Vortrag ab mit einer Lesung aus seiner monumentalen de Gaulle-Biographie "Charles de Gaulle. Ein Leben für Frankreichs Größe". Dabei strich er vor allem die Fähigkeit des Generals heraus, nein sagen zu können gegenüber einem vermeintlichen Schicksal: "Damit hat sich de Gaulle um die Freiheit verdient gemacht".