Alternierende Telearbeit – Ein Arbeitsmodell der Zukunft?

Ein Projekt der Universität Trier vermittelte interessante Einblicke auf der CeBIT 2000

Im Rahmen einer umfassenden Studie untersucht das Forschungsprojekt "Telearbeit und Zeitökonomie" der Universität Trier seit August 1998 die Chancen und Risiken alternierender Telearbeit. Eine neue Form der Arbeitsorganisation: Beschäftigte sind nicht mehr ausschließlich im Unternehmen oder der Verwaltung tätig, sondern arbeiten zeitweise an einem häuslichen Arbeitsplatz. Dieser ist in der Regel mit einem Computer ausgestattet und mit dem Unternehmensstandort vernetzt. Anlässlich der CeBIT 2000 präsentierten Projektleiter, Prof. Dr. Michael Jäckel, und seine Mitarbeiter auf dem rheinland-pfälzischen Gemeinschaftsstand "Forschung und Technologie" erste Zwischenergebnisse des mit Mitteln der Stiftung Rheinland-Pfalz für Innovation geförderten Forschungsprojekts. Politiker wie Hans-Artur Bauckhage, Minister für Wirtschaft, Verkehr, Landwirtschaft und Weinbau in Rheinland-Pfalz, oder Staatssekretär Ernst Eggers aus dem Wirtschaftsministerium sowie zahlreiche Wissenschaftler, Arbeitnehmer oder Firmenvertreter informierten sich zu den Ergebnissen der Studie, die im Juli 2000 beendet werden soll.

 

Am Eröffnungstag der weltgrößten Computermesse konnte Prof. Dr. Michael Jäckel dem rheinland-pfälzischen Ministerpräsidenten Kurt Beck und Wissenschaftsminister Prof. Dr. E. Jürgen Zöllner in Einzelgesprächen ausgewählte Ergebnisse der mittlerweile bundesweit angelegten Untersuchung erläutern, an der sich bislang rund 200 Telebeschäftigte beteiligt haben. Hier einige Zwischenergebnisse im Überblick:

 

69 Prozent der Telearbeitenden sind bereits seit mehr als acht Jahren in ihrem Unternehmen tätig. Wer erst seit kurzem dem Unternehmen angehört, kommt in der Regel auch nicht in den Genuss, auch zu Hause arbeiten zu dürfen. Erst kommt das Vertrauen, dann das Angebot.

Viele Unternehmen und Verwaltungen befinden sich in einer Einführungs- und Experimentierphase. Durchschnittlich sind es zwei Jahre Telearbeitserfahrung, die zugleich eine Zeit des Lernens und der Selbstorganisation für die Beteiligten sind. Das Bildungsniveau der Telebschäftigten ist hoch, die ausgeübten Tätigkeiten reichen von dem weiten Feld der Sachbearbeitung bis zu Projektplanungen, Programmierungen, Datenmanagement und statistischen Analysen.

Die Vereinbarkeit von Berufs- und Privatleben sowie Zeit- und Kostenersparnisse sind häufige Beweggründe, das Angebot des Unternehmens in Anspruch zu nehmen. Für Frauen ist der Erziehungsurlaub häufig der vorübergehende oder dauerhafte Einstieg in die Telearbeit. Sowohl Voll- als auch Teilzeitbeschäftigung eignen sich für diese Arbeitsform.

Die hohe allgemeine Zufriedenheit mit der neuen Arbeitssituation ist in erster Linie das Ergebnis einer Bewältigung der neuen Anforderungen im privaten Umfeld. Auch hier bleiben Reibungen und Störungen nicht aus, wenn nicht frühzeitig für Freiräume gesorgt wird, die ein relativ störungsfreies Arbeiten ermöglichen. Auch die Kommunikation mit dem Unternehmen bzw. mit Kolleginnen und Kollegen findet nun seltener von Angesicht zu Angesicht statt. Insbesondere der Rückgang informeller Kontakte kann "elektronisch" nicht kompensiert werden.

Der Arbeitstag zu Hause kann von vielen zwar besser auf die eigenen Bedürfnisse abgestimmt werden. Zugleich verändert sich damit aber auch der bislang klar strukturierte Arbeitsablauf, der sich durch die herkömmliche räumliche Trennung von Wohn- und Arbeitsbereich quasi automatisch ergeben hat. Mehr als ein Fünftel der befragten Telebeschäftigten arbeitet gelegentlich auch noch nach 20 Uhr.

Die (auch) häusliche Arbeit wird mehrheitlich (58%), und insbesondere von Frauen, als Privileg empfunden, um das die Telebeschäftigten von manchen Kollegen beneidet werden. Letztere stehen den Telearbeitenden nicht immer mit anerkennenden Worten zur Seite. Noch gehört man in den meisten Unternehmen zu den Pionieren. Dieser Hinweis auf Reibungen, die sich auch innerbetrieblich niederschlagen können, zeigt, dass es neben sachlich begründeten Unzufriedenheiten auch besondere Sensibilitäten im Umfeld der Einführung von Innovationen zu beachten gilt.

Mehr Flexibilität erweist sich als ein von vielen wahrgenommenes Potenzial, nicht notwendigerweise als Illusion. Dieser mögliche Gewinn in zeitlicher und inhaltlicher Hinsicht ist selbst ein Ertrag, der nicht von heute auf morgen erkennbar wird. Geduld ist daher sowohl auf Unternehmens- als auch Arbeitnehmerseite gefragt. Dann kann sich dieses Modell auch als Bereicherung der Arbeits- und Lebensorganisation erweisen.

Große Nachfrage rief die eigens angefertigte Informationsbroschüre zur Telearbeit hervor, in der diese und weitere Befunde zusammengefasst sind: Mehr als 400 Exemplare wurden während der einwöchigen Ausstellung verteilt. Zwischen High-Tech-Produkten und Multimediapräsentationen der mehr als 250 Aussteller in Halle 16 (Forschung und Technologie) erlangte das Forschungsprojekt zwischenzeitlich eine besondere Aufmerksamkeit: Unter Moderation von Katja Jaus, Leiterin der Internet-Redaktion des SWR 1, vermittelte Dipl.-Kfm. Christoph Rövekamp, wissenschaftlicher Mitarbeiter im Telearbeitsprojekt, praxisorientierte Einsichten in Vor- und Nachteile dieser computergestützten Arbeitsform. Der Kurzvortrag "Telearbeit auf dem Prüfstand" lockte zahlreiche Messebesucher zum Exponat, an dem die Mitarbeiter Thomas Lenz und Alexander Würfel anschließend neue Kontakte zu möglichen Projektpartnern knüpfen konnten. Zwar dürfte die Beteiligung des Forschungsprojekts "Telearbeit und Zeitökonomie" von Prof. Dr. Michael Jäckel an der diesjährigen CeBIT ein stückweit zum Erfolg der Studie beitragen, allerdings werden für die letzte von vier Erhebungswellen (beginnend im März 2000) weiterhin Teilnehmerinnen und Teilnehmer gesucht!

 

Weitere Informationen zum Projekt und/oder den Teilnahmemöglichkeiten:

Universität Trier, Fachbereich IV – Soziologie

Lehrstuhl für Konsum- und Kommunikationsforschung

Prof. Dr. Michael Jäckel

54286 Trier

Telefon: (06 51) 2 01-26 56

Telefax: (06 51) 2 01-26 57

E-Mail: jaeckel@uni-trier.de

 

Universität Trier, DM 165B/Postfach Nr. 8

Dipl.-Kfm. Christoph Rövekamp

Projekt "Telearbeit"

54286 Trier

Telefon: (06 51) 2 01-32 78

E-Mail: roevekam@uni-trier.de