Lesereise durch das chinesische Alltagsleben

Von China nach Trier: Im Rahmen seiner Deutschland-Lesereise macht der chinesische Schriftsteller Yu Hua am 23. Mai 2000 Station an der Universität. Er wird seinen neuesten Roman "Der Mann, der sein Blut verkauft" um 18.00 Uhr (Raum B 17) vorstellen. In seinem ersten Roman "Leben!" lässt die Hauptfigur, Fugui im Zwiegespräch mit seinem letzten Gefährten, einem alten Ochsen, die Schicksalsschläge seiner Familie im China der 50er und 60er Jahre Revue passieren. Bereits in mehrere Sprachen übersetzt, wurde "Leben!" von dem chinesischen Regisseur Zhang Yimou verfilmt und auf dem Cannes Filmfestival 1994 erfolgreich uraufgeführt. Das Fach Sinologie zeigt den in Deutsch synchronisierten Film als Einstimmung auf Yu Huas Lesung am 22. Mai um 18.00 in Raum B 304.

 

1960 in der Stadt Hangzhou, Provinz Zhejiang geboren, wuchs Yu Hua in einer kleinen Kreisstadt im Osten Zentralchinas als Sohn eines Chirurgen auf. In dem damals "fahrradlosen" Ort gewöhnten er und sein Bruder sich schnell an das Alleinsein, denn seine Eltern arbeiteten beide oft lange Nächte im Krankenhaus. Vertraut mit dessen Umgebung verlor Yu Hua schon früh die Angst vor den Toten, er fürchtete sich nur vor "mondbeschienenen Baumwipfeln, wenn sie in dem fahlen Licht aufblitzten und sich in die Höhe streckten."

 

Nach dem Medizinstudium begann er während seiner Arbeit als Zahnarzt "mit Feuereifer" zu schreiben, um sich aus der Eintönigkeit des "Achtstunden-Arbeitsalltags" zu befreien. Nach fünf Jahren verhalfen ihm seine Veröffentlichungen zu einer Arbeit im Kulturhaus der Stadt. Heute lebt Yu Hua als freier Schriftsteller in Peking.

 

Sein Roman "Der Mann, der sein Blut verkaufte" ist einer wahren Begebenheit nachempfunden. Er schildert die Geschichte des Seidenfabrikverkäufers Xu Sanguan, der erfährt, dass er durch den Verkauf seines Blutes viel Geld verdienen kann. Man muss sich nur danach im Restaurant "Zum Sieg" mit Reiswein und Schweineleber wieder stärken. So nutzt er diese Möglichkeit, um seine arme Familie durch viele Krisen zu bringen. Als sein erstgeborener Sohn Yile an einer Lebererkrankung zu sterben droht, zieht Xu auf einer langen, kräftezehrenden Reise von Krankenhaus zu Krankenhaus, um das Geld für die Behandlung Yiles zusammenzubringen. Sein Bluthandel steht nun zwischen Lebensnotwendigkeit für seinen Sohn und dem möglichen Verlust seines eigenen Lebens...

 

"Wenn Sie, meine Leser in den deutschsprachigen Ländern, nach der Lektüre dieses Buches feststellen, dass das Denken und Handeln der Romanfigur für Sie nachvollziehbar ist, so haben wir beide – Sie als Leser und ich als Schreiber – immerhin eine Erfahrung der Literatur geteilt", so formuliert Yu Hua seine Wünsche und Ziele im Nachwort zur deutschen Ausgabe.

 

Er will "keine Kunst hervorbringen", sondern die Authentizität und Dramatik des Einfachen sprechen lassen.