Aus dem Forschungszentrum für Psychobiologie und Psychosomatik:

Krank durch Stress

Liegt die Ursache eher im Körper als im Kopf?

Dauerhafte Belastungen am Arbeitsplatz, in der Familie oder in der Partnerschaft, aber auch traumatische Erlebnisse wie Unfälle, Verbrechen oder Verlust von nahestehenden Menschen sind Ereignisse, die jeden Menschen betreffen können. Man schätzt, dass derartige Stressfaktoren bei etwa 20 bis 25 Prozent aller Menschen körperliche Erkrankungen auslösen und fördern können. Am Trierer Forschungszentrum für Psychobiologie und Psychosomatik (FPP) interessiert man sich für die Frage, warum manche Menschen stressvulnerabel sind. Dieses geschieht im Rahmen der DFG Forschergruppe "Stressvulnerabilität und Stressprotektion", die jetzt erneut um drei Jahre verlängert wurde.

 

Ursprünglich erwartete die Trierer Arbeitsgruppe, dass bevorzugt jene Menschen erkranken, die Stressbelastung nicht angemessen verarbeiten und bewältigen können. Untersucht wurde vor allem die Freisetzung und Reagibilität des Hormons Cortisol, dass bei Stress freigesetzt wird und zahlreiche Körperfunktionen der Belastung anpasst. Man ging davon aus, dass infolge dieser Defizite vermehrt Cortisol freigesetzt wird und so bestimmte Erkrankungen fördert.

 

Die Ergebnisse waren überraschend und lassen sich wie folgt deuten: Menschen mit von vornherein geringen Cortisolspiegeln können offensichtlich auch bei Belastung nicht ausreichend Cortisol mobilisieren. Nach einigen Wochen fallen die Cortisolspiegel weiter ab und es entstehen drei Symptome: große Müdigkeit, starke Stressempfindlichkeit und verschiedenartige Schmerzstörungen. Auslöser können dabei nicht nur psychische, sondern auch körperliche Anforderungen sein, wie Infekte oder Operationen. Bei den meisten dieser stressvulnerablen Menschen scheinen diese Störungen vor allem darin begründet zu sein, dass die Nebennieren zu wenig Cortisol herstellen können. Sinken die Cortisolspiegel ab, kommt es zu einem Anstieg verschiedener zellulärer Botenstoffe, die Müdigkeit, Schmerzen und Stressempfindlichkeit auslösen und im Extremfall zum Chronischen Erschöpfungssyndrom, zur Fibromyalgie und zu Posttraumatischen Belastungsstörungen führen können. Ob diese Form der Stressvulnerabilität angeboren oder erworben ist wird nun bei Zwillingen und in molekulargenetischen Untersuchungen überprüft. Außerdem werden weitere bedeutsame biologische und psychologische Mechanismen eingehend erforscht.

 

Laufende Untersuchungen sollen dabei auch zeigen, ob eine im Stresslabor induzierte zu hohe oder zu niedrige Freisetzung von Cortisol einen Risikofaktor darstellen. Die Forschergruppe konnte bereits zeigen, dass bei Patienten mit atopischen Erkrankungen (Allergien, Neurodermitis, Asthma) eine deutlich erniedrigte Cortisolreaktion zu beobachten ist, die offensichtlich das Entzündungsgeschehen begünstigen kann. Tierexperimente anderer Arbeitsgruppen zeigen andererseits, dass chronischer Stress auch die Cortisolwerte erhöhen kann. Diese Tiere entwickeln dann eine Zunahme von Fettgewebe, Bluthochdruck und eine erhöhte Insulinresistenz. Diese Zusammenhänge sind beim Menschen als "Metabolisches Syndrom" bekannt, die wohl epidemiologisch bedeutsamste Zivilisationserkrankung. Die Forschergruppe untersucht nun auch diese Risikogruppe in verschiedenen Feld- und Laborexperimenten.

 

Die Wissenschaftler des FPP hoffen, dass die Aufklärung psychologischer und biologischer Mechanismen stressbezogener Erkrankungen schon bald zu gezielten innovativen Therapieverfahren führen wird. Dabei wird es sich wohl zumeist um eine Kombination psychotherapeutischer und pharmakologischer Interventionen handeln.

 

Die Deutsche Forschungsgemeinschaft bewilligte für die sechs Teilprojekte Prof. Dr. Dirk Hellhammer und der Universität Trier Forschungsmittel über einen Zeitraum von zwei Jahren in Höhe von 705.075 Mark sowie sieben Stellen für wissenschaftliche Mitarbeiter, vier MTA-Stellen und studentische Hilfskraftmittel. Für das dritte Jahr wurden weitere Mittel in Aussicht gestellt.

 

 

 

Vorschau auf die Termine:

 

Symposien der DFG-Forschergruppe "Stressvulnerabilität und Stressprotektion"

 

23./24. November 2000:

"Methoden in der Psychobiologie"

 

3./4. Oktober 2001:

"Verhaltensgenetik"

 

im September 2002:

"Chronic Fatigue und Hypocortisolismus"

 

Das genaue Programm der einzelnen Veranstaltungen wird noch bekanntgegeben. Interessenten können sich aber auch bereits jetzt im FPP unter der Telefonnummer

(06 51) 97 50 40 in eine Mailliste aufnehmen lassen.