Trierer Sinologe: Kultureller Botschafter zwischen China und Deutschland

Akademische Feier zum 75. Geburtstag von Prof. Dr. Wei Chiao

Prof. Dr. Wei Chiao ist einer der wenigen gebürtigen Chinesen auf einem deutschen sinologischen Lehrstuhl. Als Professor für Sinologie an der Universität Trier hat er hier hervorragende Aufbauarbeit für die Ostasienwissenschaften geleistet. Stets bemüht eine Brücke zwischen den Kulturen zu schlagen wirkt er als kultureller Dolmetscher und Botschafter zwischen China und Deutschland. Am Freitag, den 20. April 2001 wird Prof. Chiao anlässlich seines 75. Geburtstages in einer akademischen Feier für sein "beispielloses Lebenswerk" geehrt (17 Uhr c.t., Hörsaal 7).

 

"Das Alte kennen und das Neue pflegen, dann kann man als Lehrer gelten" – ein Wort aus den konfuzianischen Schriften – prägt auch das Wirken von Prof. Chiao in Trier. So hat er bei der Strukturierung der Trierer Sinologie Wert darauf gelegt, das Hauptfach "Gegenwartsbezogene Sinologie" mit einem Nebenfach "Ältere Chinesische Philologie" zu verzahnen. Bereits vor seiner Tätigkeit in Trier hat er an der Universität Bonn sich als Vorreiter einer modernen chinesischen Sprachausbildung und einer gegenwartsbezogenen Chinakunde zu einer Zeit engagiert, als in der deutschen Sinologie das moderne China und die chinesische Gegenwartssprache noch wenig Beachtung erfuhren. Viele seiner Schüler wirken heute als Sinologen an Universitäten in Deutschland, oder als Chinesisch-Lektoren, Assistenten und Professoren oder in der Praxis im außeruniversitären Bereich.

 

Partnerschaft mit Wuhan

 

Prof. Wei Chiao hat eine florierende Partnerschaft zwischen den Universitäten Trier und Wuhan gegründet. 1991 wurde er in Wuhan für seine Verdienste um die Zusammenarbeit und den Austausch der beiden Hochschulen zum Honorarprofessor der Universität Wuhan ernannt.

 

Weiterhin leitet er seit 1986 das China-Stipendien-Programm der Alfried Krupp von Bohlen und Halbach-Stiftung und der Studienstiftung des deutschen Volkes. Ziel war die Ausbildung von Chinaexperten in verschiedenen Fächern. Der vorbereitende Sprachunterricht und die landeskundliche Ausbildung finden für die Stipendiaten unter Leitung von Prof. Dr. Wei Chiao an der Universität Trier statt. Studierende können bereits nach dem Grundstudium ein Studienjahr in China verbringen. Unterstützt wird das Programm durch das Erziehungsministerium der Volksrepublik China mit der Übernahme der Studiengebühren in China. Nach inzwischen 15-jähriger Laufzeit konnten rund 150 Stipendiatinnen und Stipendiaten an dem Programm teilnehmen. Es wurden Teilnehmer aus mehr als 30 verschiedenen Fächern gefördert. Die Hälfte aller Teilnehmer hat ihr Studium, oft auch die Promotion, in Deutschland abgeschlossen und rund 20 Prozent der bereits Berufstätigen arbeiten in China. Inzwischen ist ein leistungsstarkes Netzwerk von Stipendiaten entstanden.

 

Zur Vita

 

Wei Chiao wurde 1926 in Shenxian, Provinz Hebei, China, geboren. Nach der Schulzeit in Tianjin verschlug es ihn nach turbulenten Kriegs- und Bürgerkriegszeiten in die verschiedenen Gegenden Chinas. Von 1946-1949 studierte er in Peking Sinologie. Dann war er wissenschaftlicher Mitarbeiter in einem Lexikon-Verlag in Macao, bevor er das Studium des Faches Chinesische Sprache und Literatur an der Nationalen Taiwan Universität 1954 mit Examen abschloss. Nach Tätigkeiten an der Taiwan Universität und als Bibliothekar an der Nationalen Zentralbibliothek Taibei, reiste er 1957 nach Europa. 1958 begann er in Wien ein zweites Studium der Völkerkunde, das er 1968 mit Promotion abschloss. Zunächst als Lektor für Chinesisch tätig, wurde er Wissenschaftlicher Rat und Professor für Sinologie am Seminar für Orientalische Sprachen der Universität Bonn. 1982 kam er als Vertretung der Professur für Sinologie und seit 1984 als C 4-Professor für Sinologie an die Universität Trier. Seit 1991 ist er im Ruhestand, hat jedoch bis Herbst 1992 die Professur für Sinologie noch vertreten und leitet bis heute verschiedene Forschungsprojekte an der Universität Trier.

 

Akademische Feier

 

Anlässlich des 75. Geburtstages sprechen der Präsident der Universität Trier, Prof. Dr. Peter Schwenkmezger und der Dekan des Fachbereichs II, Prof. Dr. Gerhard Ressel, ein Grußwort. Den Festvortrag hält Prof. Dr. Helwig Schmidt-Glintzer, Direktor der Herzog August Bibliothek Wolfenbüttel zum Thema "Die Stellung des Menschen zur Natur in China". Das Schlusswort und die Laudatio hält der Geschäftsführende Direktor des Faches Sinologie Prof. Dr. Karl-Heinz Pohl. Im Anschluss findet ein Umtrunk im Gästeraum der Mensa statt.

Im Rahmen der Ehrung von Prof. Chiao wird auch das Engagement seiner Frau Teresa gewürdigt: Sie hat Generationen von Sinologiestudenten in die Künste des Schreibens chinesischer Schriftzeichen mit dem Pinsel – die Kalligraphie – und die Tusche-Malerei eingeführt. In Trier ist der Kalligraphiekurs bereits ein integraler Bestandteil des Lehrangebots geworden.