Internationaler Appell an die Universitäten: nicht Elfenbein-, sondern Wachturm sein !

Trierer Universitätskanzler als Präsident der Internationalen Hochschulkonferenz wiedergewählt

Auf der 15. Internationalen Hochschulkonferenz in Amman, Jordanien, wurde der Kanzler der Universität Trier, Ignaz Bender, als Präsident der Internationalen Hochschulkonferenz für drei weitere Jahre gewählt. Bender hat dieses Amt bereits seit zwölf Jahren inne. Die Internationale Hochschulkonferenz führt aktive und frühere Rektoren und Kanzler von Universitäten weltweit zusammen. Mit Professoren, deren Forschungsgegenstand die Universitäten sind, wird einmal jährlich über die bestmögliche Wahrnehmung der Aufgaben der Hochschulen diskutiert.

 

Universitätskanzler Ignaz Bender machte in seiner Eröffnungsansprache an der gastgebenden Yarmouk Universität in Irbid (nördlich von Amman) auf die großartige Bildungstradition der arabischen Welt aufmerksam. Über 800 Jahre, von etwa 600 bis 1450 n. Chr, hätten arabische Wissenschaftler mit ihrer Naturbeobachtung wichtige Beiträge zur Entwicklung der Menschheit geleistet, wofür beispielhaft die heute in allen Ländern der Welt genutzten arabischen Zahlen stünden. Nicht Bologna oder Paris, Oxford oder Salamanca seien die ältesten Universitäten der Welt, sondern Fez in Marokko und Al Azhar in Kair, beide noch vor der ersten Jahrtausendwende gegründet. Erst das Zusammentreffen von abendländisch-kontemplativer Geisteshaltung und arabischer Erfahrungswissenschaft hätte zum eigentlichen Aufschwung der Universitäten beigetragen.

 

Nach früheren Konferenzen in Nordamerika, Europa und Asien fand diese internationale Zusammenkunft erstmals im arabischen Raum statt. Thema war “Die Einwirkung der Universitäten auf Gemeinwesen und Gesellschaft”. Einen leidenschaftlichen Appell richtete dabei der ehemalige und langjährige Generaldirektor der UNESCO, Federico Major, an die Universitäten der Welt. Sie sollten sich im globalen Rahmen häufiger zu Wort zu melden. Die über 5000 Universitäten auf der Erde verfügten über ein Wissen, das von den Entscheidungsträgern in Politik und Wirtschaft viel zu wenig genutzt werde. Oft sei nicht bekannt, was die Universitäten an Erkenntnissen hervorbrächten. Als gutes Beispiel für die Information der Öffentlichkeit über Expertenwissen an Universitäten nannte Major dagegen die Universität Turku/Finnland. Diese stelle im Internet die Professoren aller zwölf finnischen Universitäten mit ihren Spezialgebieten vor.

 

Vielfach, so Major, verhielten sich die Universitäten “zu leise”, so dass ihre Stimme nicht gehört werde. Major forderte die Universitäten auf, sich weltweit zu vernetzen. Die meisten Probleme des 21.Jahrhunderts seien nicht mehr nationaler, sondern supranationaler Natur. Die Universitäten hätten nicht nur die Pflicht, die ungelösten Probleme der Menschheit aufzuspüren und auftauchenden Gefahren vorzubeugen, sondern Verhaltensweisen, die sich gegen das Wohl der Menschheit richteten, beim Namen zu nennen. So habe ihn, Major, gewundert, dass in der Diskussion um gentechnische oder bioethische Fragen zwar der Papst, der amerikanische Präsident und manches politische Gremium zu hören gewesen seien, aber die Stimme derjenigen, die das meiste Wissen um diese Fragen hätten, sei kaum vernehmbar gewesen. Die Universitäten dürften nicht in einem Elfenbeinturm leben. Ihre Rolle sei die eines Wachturms der Menschheit.

 

In ähnlicher Weise äußerte sich der Präsident des Club of Rome, der jordanische Prinz Hassan Bin Talal. Die Universitäten müssten in der jungen Generation den Sinn für Weltbürgerlichkeit und das Bewusstsein der Verantwortung für die Welt als Ganzes wecken. Er machte deutlich dass die Überwindung der Armut in der Welt, der sich der Club of Rome in den kommenden Jahren besonders widmen wolle, maßgeblich ein Bildungsproblem sei. Die Menschen in den ärmeren Ländern der Welt bräuchten nicht primär Geld, sondern Bildungschancen auf allen Stufen. Ausgebildete Menschen müssten nicht vor der Armut gerettet werden. Sie könnten sich meistens selbst helfen. Dies aber bedeute, dass erheblich mehr Geld für die Bildungseinrichtungen bereitgestellt werden müsste. Dies gelte vor allem für die öffentlichen Universitäten, die nach seiner Meinung auch in vielen entwickelten Ländern unterfinanziert seien. Um die Anstrengungen auf diesem Gebiet zu erhöhen, wolle der Club of Rome in Zukunft enger mit Hochschulorganisationen auf Weltebene, so auch der Internationalen Hochschulkonferenz, zusammenarbeiten.

 

Jarl Bengtson aus Schweden, Direktor des Forschungszentrums der OECD, einer Organisation, in der sich die 30 Industrienationen gegenseitig beraten, machte die Teilnehmer der Konferenz darauf aufmerksam, dass die Einschreibungen an den Hochschulen der OECD-Staaten, darunter auch Deutschland, in den letzten zehn Jahren um vierzig Prozent gestiegen seien, während die Ausgaben für die Hochschulen in diesen Ländern nur um 28 Prozent angehoben wurden. Er vermittelte auch Einblicke in den OECD-Bildungsbericht, wonach es unter den entwickelten Staaten erhebliche Unterschiede in den Aufwendungen der öffentlichen Hand für das Studium an den Hochschulen gäbe. So wende die Schweiz jährlich 34.000 DM je Student auf, Deutschland dagegen nur 19.500 DM.

 

Erfreulich für Deutschland war zu erfahren, mit welchem Respekt fast alle Redner von der Bildungsreform unter Wilhelm von Humboldt sprachen, der vor knapp 200 Jahren die Einheit von Forschung und Lehre für die Universitäten postulierte. Damals hätten die deutschen Universitäten, wie der Bildungshistoriker Norman Stone (bisher Oxford, jetzt Bilkent/Ankara) betonte, der zum Vizepräsidenten der Internationalen Hochschulkonferenz gewählt wurde, Maßstäbe für die ganze Welt gesetzt. Im Jahre 1910 habe es vier Mitglieder des englischen Kabinetts mit einem Doktorgrad der Universität Berlin gegeben.