Armut-Ausstellung erfährt reichlich viel Resonanz

800 Besucher erlebten die Eröffnung - Ministerin Dreyer ist stolz auf das Projekt

„Armut ist kein einfaches Thema, auch nicht für Museen. Es ist verbunden mit Berührungsängsten“, fasste Prof. Dr. Herbert Uerlings, Ausstellungsleiter und Sprecher des Sonderforschungsbereichs 600 der Universität Trier, die inhaltlichen Herausforderungen in seiner Eröffnungsrede zusammen. Der Auftakt der Ausstellung „Armut – Perspektiven in Kunst und Gesellschaft“ am Sonntag ließ diese Berührungsängste in den Hintergrund treten: Mehr als 800 Besucher folgten den begrüßenden Worten der Trierer Prominenz: Oberbürgermeister Klaus Jensen und Sozialministerin Malu Dreyer äußerten sich in ihren Reden stolz über das einmalige Ausstellungsprojekt und betonten die Notwendigkeit, sich mit diesem Thema auseinanderzusetzen.
Mit 250 Exponaten präsentiert die Ausstellung Europas Sicht auf Armut und den Umgang mit Armen seit 2500 Jahren. Sowohl räumlich als auch thematisch ist die Sammlung in zwei Teile gegliedert: Während im Rheinischen Landesmuseum der Fokus auf der Armut in der Antike liegt, sind Exponate der christlichen Epoche im Stadtmuseum Simeonstift zu sehen. „In der Antike waren Arme Gegenstand von Spott und Beleidigungen. Erst seit der jüdisch-christlichen Nächstenliebe gelten sie als Bestandteil der Gesellschaft“, erklärte der Initiator Prof. Uerlings den thematischen Aufbau. „Die Ausstellung zeigt den langen Weg Europas von der Verachtung zur Zugehörigkeit der Armen. Im Spiegel der Kunst zeigt sie das Gesicht Europas: Wann und warum haben Gesellschaften in Armut ein Problem gesehen?“ In der Ausstellung erhält die Macht des Bildes ein starkes Gewicht, aber auch zeitgenössische Darstellungsformen werden multimedial genutzt: Bettelbriefe wurden eingelesen und somit hörbar gemacht, ein Bettlerportrait wird cineastisch dargestellt.
Bei der Eröffnungsfeier rezitierten Vanessa Daun und Antje-Kristina Härle vom Schauspieler-Ensemble des Theaters Trier künstlerisch ausdrucksstark Textpassagen von Grimms Märchen Sterntaler sowie Auszüge von Karl Marx, Elfriede Jelinek, Thilo Sarrazin und Gerd Büchner. Deren Gegenstand: Armut, das Recht der Armen und Mittelschichtängste – Themen, die seit jeher gesellschaftsrelevant sind.
Die Idee zur Ausstellung entsprang dem Sonderforschungsbereich „Fremdheit und Armut“ an der Universität Trier. Gefördert von der Deutschen Forschungsgemeinschaft bezeichnet deren Präsident Prof. Dr.-Ing. Matthias Kleiner das Resultat als Glanzstück und Highlight der Wissenschaft, das ins Rampenlicht gestellt wird: „Der erarbeitete Begleitband zur Ausstellung ist ein Standardwerk der Armutsforschung. Damit können neue, unvorhersehbare Erkenntnisse genutzt werden.“ Diese rund 450 Seiten starke Lektüre umfasst mehr als 60 Beiträge und über 300 Abbildungen. Zusätzlich wurde ein didaktisches Themenheft entwickelt, das sich besonders an Lehranstalten richtet: „Die Ausstellung ermöglicht eine Kooperation mit Schulklassen in ganz Rheinland-Pfalz“, betonte Universitätspräsident Prof. Dr. Peter Schwenkmezger das Ziel, sich in Schulen verstärkt mit dem Thema Armut auseinanderzusetzen.
Auch Uerlings fordert eine intensive Beschäftigung mit dem Thema: „Wir haben für die Ausstellung ganz bewusst die Farbe Grün gewählt. Denn Grün ist hart, schmeichelt nicht, hält auf Distanz und fordert genaues Hinsehen. Die Absichten der Ausstellung werden mit dieser Farbe gefördert.“
Die Ausstellung „Armut – Perspektiven in Kunst und Gesellschaft“ ist noch bis zum 31. Juli im Stadtmuseum Simeonstift und dem Rheinischen Landesmuseum Trier zu sehen. Danach  reist die Ausstellung in reduzierter Form nach Ulm in das Museum der Brotkultur und ist dort zwischen 11. September und 6. November zu besichtigen.