Prominente Gastprofessur

EU-Wegbegleiter Udo Di Fabio referiert über Europa

Der Verfassungsrichter Prof. Dr. Dr. Udo Di Fabio hat am Montag, den 9. Mai 2011, im Rahmen seiner Gastprofessur den ersten von insgesamt drei Vorträgen gehalten. Unter dem Thema „Europa – Eine Wirklichkeit sucht ihre Idee“ stellt der Verfassungsrichter bis Ende Mai Daten, Fakten und Perspektiven über Europa vor. Beim Auftakt der Vorlesungsreihe am 9. Mai referierte er über den Beginn Europas: „Vom Krieg der Nationen zur Einheit des Kontinents“.

Im gut besuchten Audimax begrüßten Helmut Schröer, Vorsitzender des Freundeskreises der Trierer Universität, und Universitätspräsident Peter Schwenkmezger den berühmten Gastprofessor. Die vom Freundeskreis gestiftete Gastprofessur ist für ihre namhaften Besetzungen bekannt: 2009 hatte sie erstmals Prof. Dr. h. c. Lothar Späth, ehemaliger baden-württembergischer Ministerpräsident, inne. Jetzt, zwei Jahre später, konnte der Freundeskreis den Verfassungsrichter Udo Di Fabio gewinnen. Das sei ein Heimspiel für den Professor, erklärte Schröer bei der Begrüßungsrede: Bereits von 1993 bis 1997 war der heutige Richter des Bundesverfassungsgerichts als Professor und Direktor des IUTR an der Uni Trier tätig. „Es war mir damals sehr unwahrscheinlich, dass mir eines Tages das gesamte Audimax zuhören wird“, begann Di Fabio seine Rede mit einer Anekdote über seine eigenen Bedenken aus früherer Zeit, als er seine erste Vorlesung im größten Hörsaal der Trierer Uni hielt. Damals sehr befangen, ist heute, fast 20 Jahre später, diese Befangenheit Vergangenheit. Und ja, das gesamte Audimax hörte zu, als Di Fabio über Europa erzählte. Trier sei in seinen Augen besonders europäisch: „Trier lag in der Mitte des kleinen Europas der Sechs, und, etwas weiter definiert, liegt es auch in der Mitte des großen Europas. Durch Europa hat Trier erlebt und wurde belebt.“

Den Titel seiner Vortragsreihe „Europa – Eine Wirklichkeit sucht ihre Idee“ versteht Udo Di Fabio als Provokation, „denn es entspricht dem Denken des europäischen Bürgers, von einer Idee beseelt zu sein und die Wirklichkeit nach und nach anzupassen.“ Dieses Denken sieht Di Fabio als Europas Basis. Sein erster Vortrag als Trierer Gastprofessor beschäftigte sich mit den anfänglichen Schritten Europas hin zu einer Europäischen Union. Wie konnten es die vom Krieg verfeindeten Nationen zu einer Einheit des ganzen Kontinents schaffen? Di Fabio erläuterte Ausgangspunkt, Rahmenbedingungen und Etappen Europas und bediente sich dabei der funktionalistischen Perspektive: Die divergierenden Bedingungen, die einerseits von den Alliierten USA und England, sowie andererseits von Frankreich nach dem Zweiten Weltkrieg an Deutschland gestellt wurden, konnten mit dem Schuman-Plan vereint werden. Darin wurden die europäische Verteidigungsgemeinschaft und eine europäische Rüstungsindustrie festgeschrieben: „Die Schlüsselfaktoren lagen darin, dass alle Beteiligten die Verfügungsgewalt über Kohle und Stahl hatten und eine europäische Armee eingerichtet werden sollte. Das Neue daran war, dass die Franzosen jetzt nicht Deutschland niederhalten wollten, sondern, dass sie Deutschland kontrollierten, indem sie sich ihrerseits auch von Deutschland kontrollieren ließen. Dieser Gedanke war in diesem Moment genial.“
Der Umgang der einzelnen Staaten innerhalb der EU mit der Supranationalität der Union wird Di Fabio in seinem nächsten Vortrag thematisieren: „Die Nationalstaaten konnte man nicht einfach übergehen. Es lohnt sich, das supranationale Prinzip beim nächsten Vortrag anzusehen, denn es ist nicht durch das bundesstaatliche Prinzip ersetzt worden.“ Udo Di Fabio weiß, wovon er spricht. Als Berichterstatter des Verfassungsgerichts hatte er eine Schlüsselposition in der Diskussion um die deutsche Zustimmung zum Lissabon-Vertrag. Dementsprechend steht sein nächster Vortrag am Montag, den 23. Mai, unter dem Titel „Europa als Rechtsgemeinschaft: Das supranationale Projekt“.
Beenden wird der Bundesverfassungsrichter seine Vortragsreihe am 30. Mai mit einem Blick in die Zukunft des neuen Europas. „Politische und ideelle Perspektiven – Was kommt nach Lissabon?“ ist das Thema des letzten Vortrags im Rahmen seiner Trierer Gastprofessur.
Die Veranstaltungen mit Prof. Dr. Dr. Udo Di Fabio beginnen jeweils um 18:15 h  im Audimax.                                                               Maike Petersen