Die Scherl-Ausstellung: Ein kulturpolitischer Streitfall

Öffentlicher Vortrag

Das Fach Kunstgeschichte der Universität Trier gibt seinen Absolventen der ersten Bachelor-Generation zum Abschluss des Studiums einen heftig diskutierten kulturpolitischen Streitfall mit auf den Weg ins Berufsleben: Dr. Justinus Maria Calleen hält einen öffentlichen Abendvortrag unter dem Titel „NS-Kunst und Politik beseitigen 2010 das Georg-Meistermann-Museum: Der kommunalpolitische Super-Gau von Wittlich“. Dr. Calleen wurde unter anderem für seine Haltung in diesem Streit durch die deutsche, ökumenische Stiftung „Bibel und Kultur“ ausgezeichnet. Der Vortrag beginnt am Freitag, 20. Mai, um 18.15 Uhr im Raum N 2 (N-Gebäude) der Universität Trier.
Anlässlich des 100. Geburtstags von Georg Meistermann (1911–1990) zeichnet der Vortrag die Konfliktlinien nach, die zur Rücknahme der Namenrechte des Georg-Meistermann-Museums in Wittlich führten. Der Stadtrat hatte dem damaligen Museumsleiter Dr. Calleen (einem Enkel Meistermanns) die Planung einer Ausstellung des lokalen Bildhauers Hanns Scherl (1910–2001) vorgegeben. Mit dem Hinweis, dass der Künstler Scherl der nationalsozialistischen Kunstdoktrin verpflichtet gewesen sei und sich später davon auch nicht distanziert habe, wollte Calleen die Ausstellung nicht realisieren. Durch diese Haltung und seine Einschätzung, dass Scherls Werke nicht einem Georg-Meistermann-Museum qualitativ gerecht würden, verlor Dr. Calleen seine Stelle und die Stadt die Namensrechte für ihr Museum.
Aus der wissenschaftlichen Distanz betrachtet demonstriert der Wittlicher Fall nahezu idealtypisch die grundsätzlichen und sehr gegensätzlichen Positionen im Umgang mit Künstlern, die einerseits in der Zeit nationalsozialistischer Herrschaft wie aber auch in der jungen Bundesrepublik Deutschland ihre Spuren hinterlassen haben.