Trauer um die Kunsthistorikerin Viktoria Schmidt-Linsenhoff

Nachruf auf die Professorin

Die Universität Trier trauert um Professor Dr. Viktoria Schmidt-Linsenhoff, die am 14. Februar 2013 verstorben ist. Viktoria Schmidt-Linsenhoff wirkte von 1992 bis 2008 als Professorin für Kunstgeschichte mit dem Schwerpunkt Frauen- und Geschlechterforschung an der Universität Trier. Die vormalige Kustodin des Historischen Museums der Stadt Frankfurt am Main und Mitherausgeberin der kunstwissenschaftlichen Zeitschrift „Kritische Berichte“ verstand es, binnen kurzem einen fächerübergreifenden Schwerpunkt zu etablieren und die Universität Trier zu einem national und international stark beachteten Leuchtturm der Gender und Postcolonial Studies zu machen. Gastprofessuren führten sie u.a. an die Universitäten Wien und Cotonou (Benin) und das Dartmouth-College (NH, USA). Die Süddeutsche Zeitung würdigte die Verstorbene als „Wegbereiterin einer neuen Kunstwissenschaft“.

Mit ihrer ansteckenden Begeisterungsfähigkeit und intellektuellen Überzeugungskraft gewann sie in Trier rasch KollegInnen sowie zahlreiche Studierende und DoktorandInnen zunächst für ein interdisziplinäres und fachbereichsübergreifendes DFG-Projekt und dann für ein Graduiertenkolleg „Identität und Differenz. Geschlechterkonstruktion und Interkulturalität vom 18. Jahrhundert bis zur Gegenwart“ (2000-2006), dessen Sprecherin sie war. Mit dem auf ihre Initiative hin 2005 gegründeten interdisziplinären „Centrum für Postcolonial- und Gender-Studies (CePoG)“, dessen Beiratsmitglied sie bis zu ihrem Tode blieb, wurde ihr Forschungsschwerpunkt institutionalisiert, inzwischen gehört dazu auch ein Studiengang „Interkulturelle Gender Studies“.

Viktoria Schmidt-Linsenhoffs großes Thema war die Wahrnehmung der außereuropäischen ‚Anderen‘, waren die blinden Flecken des eurozentrischen Blicks und die Möglichkeiten alternativer ästhetischer Zugangsweisen; schon früh kam die Umkehr der Perspektive hinzu: die Frage, wie außereuropäische, vor allem afrikanische Künstler sich mit der globalisierten Gegenwart auseinandersetzen.

Eine Summe ihrer Lehr- und Forschungstätigkeit zog Viktoria Schmidt-Linsenhoff mit ihrer großen Studie „Ästhetik der Differenz. Postkoloniale Perspektiven vom 16. bis 21. Jahrhundert“ (2010), einem bereits durch den zeitlichen wie thematischen Umfang sowie die Zahl der untersuchten bekannten und unbekannten Künstler und Werke beeindruckenden Opus. Analytische Brillanz und theoretische Neugier verbinden sich hier mit Fallstudien, die die Eigenlogik der untersuchten Werke, Zeiten und Räume unverkürzt zur Geltung kommen lassen.
Als Wissenschaftlerin war Viktoria Schmidt-Linsenhoff getrieben von Entdeckungslust und der Überzeugung, dass in den Lücken, Brüchen und Verwerfungen hegemonialer Verfügung über ‚das‘ Andere auch die konkreten Anderen sichtbar werden. In diesem Sinne ist ihre „Ästhetik der Differenz“ einer zutiefst menschenfreundlichen Utopie verpflichtet.
Ihre WeggefährtInnen und SchülerInnen erinnern sich dankbar an ihre Lebenslust, ihre Unerschrockenheit beim Abschneiden alter Zöpfe, ihre Fähigkeit zur Selbstkritik, ihren trockenen Humor, ihre schier unerschöpfliche Energie, ihre Freude an Kunst und Theorie sowie Lehre und Forschung und an ihren funkensprühenden Enthusiasmus.