Trierer Slavistik steht an der Spitze der internationalen Lyrikforschung
Die Universität Trier und das Fach Slavistik dürfen einen außergewöhnlichen Erfolg feiern: Die Slavistikprofessorin Henrieke Stahl hat, zusammen mit Alexander Bierich (Slavistik), Andreas Regelsberger (Japanologie), Christian Soffel (Sinologie) und weiteren Kollegen der neuen Philologien des Fachbereichs II, bei der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) eine Kolleg-Forschergruppe eingeworben. Es ist der erste erfolgreiche Antrag auf eine Kolleg-Forschergruppe der Universität Trier.
Das Kolleg baut auf einer siebenjährigen Vorarbeit auf, mit der sich die Trierer Slavistik an die Spitze der internationalen Lyrikforschung gebracht hat. „Diese Vorbereitung hat eine interdisziplinäre und internationale Ausdehnung nicht nur in Europa, sondern sowohl in Richtung Asien als auch Amerika ermöglicht. Das Kolleg schafft an der Universität Trier ein weltweit sichtbares, in dieser Art einmaliges internationales Zentrum für vergleichende Forschung zur Gegenwartslyrik“, erläutert Henrieke Stahl als Sprecherin die Dimension der Forschergruppe.
Das hochkarätige, mit rund 5 Millionen Euro finanzierte Format zielt auf eine Intensivierung der Forschung renommierter Geistes- und Sozialwissenschaftler und fördert ihre Zusammenarbeit mit internationaler Spitzenforschung durch ein ausgedehntes Fellow-Programm. Das Trierer Kolleg forscht mit einem Netzwerk von 150 internationalen Forschern aus 23 Ländern und mehr als zehn Fachgebieten.
Vier Jahre lang werden Wissenschaftler aus aller Welt zu längeren Forschungsaufenthalten nach Trier kommen. Jährlich werden Workshops und Konferenzen die Forschung vor Ort mit dem globalen Netzwerk verbinden. Zugleich besitzt das Kolleg internationale Ausstrahlung durch Kooperationspartner wie die Russische Akademie der Wissenschaften Moskau, die Academia Sinica in Taipei sowie Partner-Universitäten unter anderem in Russland, Japan, Taiwan und USA.
Das Kolleg forscht zu einem ungewöhnlichen Thema: „Russischsprachige Lyrik in Transition: Poetische Formen des Umgangs mit Grenzen der Gattung, Sprache, Kultur und Gesellschaft zwischen Europa, Asien und Amerika“. Lyrik war eine in Europa zunächst eher marginale und elitäre literarische Gattung und ist seit dem ausgehenden 20. Jahrhundert unerwartet populär und produktiv geworden. Sie wird quer durch soziale Schichten, Altersgruppen, Sprachen und Kulturen in großer Vielfalt nicht nur rezipiert, sondern auch geschrieben.
Dieses gilt in besonderem Maß für Russland. Lyrik ist in Russland seit Ende der 1990er Jahre zu einem aktiven Teil gesellschaftlicher Praxis geworden und überrascht durch ihre weltweite Ausdehnung, die sich andauernder Migration sowie digitaler Vernetzung verdankt. Die russischsprachige Gegenwartslyrik bildet heute einen transnationalen „Raum“, der durch mannigfaltige Prozesse der Transition von Grenzen in Bezug auf Gattung, Sprache, Kultur und Gesellschaft charakterisiert ist. Ihre Erforschung erfordert den Vergleich mit Lyrik anderer Länder und entsprechend die Zusammenarbeit mit den zuständigen Philologien.
Drei Kontinente sind für die russischsprachige Lyrik als Bezugskontexte besonders relevant: Europa, Asien und Amerika. Alle neueren Philologien des Fachbereichs II der Universität Trier sind daher am Kolleg beteiligt; neben der Slavistik als Hauptinitiator und Träger des Kollegs sind dieses für die erste Förderphase vorrangig die Germanistik, Japanologie und Sinologie, für die Verlängerungsphase Anglistik und Romanistik. Lyrik reagiert aktuell seismographisch auf Begrenzung von Freiheit, sei es durch den Druck von Ökonomisierung, Überreglementierung oder totalitärer Politik. Dabei setzt sie sich selbst und die Grenzen von Gattungen, Sprachen, Gesellschaften und Kulturen in Transition. Innovation des Kollegs ist die Untersuchung der neuen transitorischen Qualitäten von Lyrik in der Gegenwart.
Alleinstellungsmerkmal ist der Zuschnitt der beteiligten Fächer und Länder für die Lyrikforschung – eine Kooperation der Slavistik mit den asiatischen Philologien und Ländern ist selten, ihre gemeinsame kulturkomparative Ausdehnung auf die europäischen und angloamerikanischen Sprachräume singulär. Nicht zuletzt bringt die Anknüpfung des Kollegs an die lebendige Lyrikszene Theorie und Praxis zusammen. Angesichts krisenhafter kulturtransitorischer Prozesse der Gegenwart besitzt das Kolleg akute gesellschaftliche Relevanz.
Kontakt:
Prof. Dr. Henrieke Stahl
E-Mail: <link>stahl@uni-trier.de
Tel.: 0651/201-3246
<link http: www.dfg.de service presse pressemitteilungen pressemitteilung_nr_08 index.html _blank linkicon-pfeil-rechts-blau-rte>Zur Pressemitteilung der Deutschen Forschungsgemeinschaft