Wissenschaftler der Universität Trier arbeiten an einem neuen Webportal
Die Projektionskunst avancierte in den letzten Jahrzehnten des 19. Jahrhunderts zu einem visuellen Massenmedium. In Liveshows wurde die Projektion von Bildern auf die Leinwand (screen) als weit verbreitete Kulturtechnik etabliert. Dennoch ist die historische Projektionskunst, deren Anfänge in das 17. Jahrhundert zurückreichen, kaum erforscht und eine Domäne von wenigen Experten. Wissenschaftler der Universität Trier wollen nun in einem Forschungsvorhaben ein Webportal zur Projektionskunst einrichten.
Präsentationen digitalisierter Lichtbilder auf den Internetseiten von Sammlern, Archiven und Museen vermitteln zwar einen Eindruck von der Attraktivität der projizierten Bilder und Effekte, geben jedoch nur einen unvollständigen und uneinheitlichen Einblick in die überlieferten Bestände. Der größte Teil der seinerzeit projizierten Glasbilder befindet sich in Privatsammlungen, die öffentlich nicht zugänglich sind. Dieser Forschungslücke nehmen sich nun Wissenschaftler des Faches Medienwissenschaft der Universität Trier und des Trier Center for Digital Humanities an: In dem von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) geförderten Projekt „Medienhistorische, methodische und medientechnische Grundlagen der Digitalisierung von Werken der historischen Projektionskunst“ schaffen sie grundlegende Voraussetzungen zur Erforschung der historischen Projektionskunst.
Die Bezeichnung Projektionskunst umfasste im 19. Jahrhundert alle Mittel und Verfahren zur Gestaltung von live präsentierten Aufführungen und Vorträgen mit Lichtbildern. Mit projizierten Abfolgen von Bildern auf dem Screen wurden Geschichten erzählt oder Bildungsthemen anschaulich präsentiert. Vielfach wurden mechanische Bildbewegungen sowie optische Über- und Einblendungen zur Erzeugung visueller Effekte als attraktive Gestaltungselemente integriert. Internationale Ensembles zeigen heute verschiedene aufwendige Neuinszenierungen mit historischen Glasbildern und Originalgeräten, die allerdings nur selten zu sehen sind. Durch digitale Rekonstruktion lassen sich jedoch die Werke der historischen Projektionskunst dauerhaft für Forschung und Lehre erschließen sowie für die Allgemeinheit verfügbar machen.
Ziel des Forschungsvorhabens unter der Leitung von Prof. Dr. Claudine Moulin (Trier Center for Digital Humanities) und Prof. Dr. Martin Loiperdinger (Medienwissenschaft, Universität Trier) ist daher die Einrichtung eines internationalen Webportals der Projektionskunst. Es soll alle Grundlagen zur Erstellung und Publikation von kritischen digitalen Quelleneditionen historischer Werke der Projektionskunst nachhaltig bereitstellen. Dies setzt die Festlegung von Erschließungs- und Digitalisierungsstandards der historischen Erfassung, der bild- und tontechnischen Aufnahme, der Metadaten und der Langzeitarchivierung voraus, die mit internationalen Partnern abgestimmt werden.
Das Trier Center for Digital Humanities entwickelt für das Webportal auf Basis der internationalen Datenbank LUCERNA (www.slides.uni-trier.de) eine virtuelle Forschungsumgebung (VFU), mit der bildliche und textliche Bestandteile der Werke erfasst, im zeitlichen Ablauf rekonstruiert und mit historischen Kontextinformationen als kritische Quelleneditionen publiziert werden können. Im Forschungsschwerpunkt Screen1900 der Trierer Medienwissenschaft werden dafür die medienhistorischen und methodischen Grundlagen erarbeitet. Die Arbeitsergebnisse und Anleitungen zur Nutzung der VFU werden in einem elektronischen Manual bereitgestellt.
Erstmals wird damit ein dauerhafter und nachhaltiger Zugang zum visuellen Kulturerbe der Projektionskunst ermöglicht, der wesentliche Hindernisse der Forschung überwindet und zahlreiche Anregungen für weitere Forschungen liefert.
Kontakt:
Dr. Ludwig Vogl-Bienek
Universität Trier
E-Mail: vogl@uni-trier.de